Abschnitt 3. Mitverantwortung der Gesamtkirche
Unterabschnitt 1. Aufsichtspflichten von Dekanat und Gesamtkirche
§ 52a. Wahrnehmung der Befugnisse des Kirchenvorstands.
Bei dauerhafter Beschlussunfähigkeit des Kirchenvorstands nimmt der Dekanatssynodalvorstand dessen Befugnisse bis zur Wiederherstellung der Beschlussfähigkeit des Kirchenvorstands wahr.
Kommentar zu § 52a:
1. Der Dekanatssynodalvorstand springt immer dann ein, wenn der Kirchenvorstand nicht beschlussfähig ist, weil diesem nicht mehr genügend gewählte oder berufene Kirchenvorstandsmitglieder angehören. Die Regelung kommt auch dann zur Anwendung, wenn sich der Kirchenvorstand selbst aufgelöst hat, weil alle gewählten und berufenen Kirchenvorstandsmitglieder zurückgetreten sind.
2. Der Dekanatssynodalvorstand nimmt bei dauerhafter Beschlussunfähigkeit die Befugnisse des Kirchenvorstands wahr, längstens bis zur nächsten ordentlichen Kirchenvorstandswahl.
3. Die Regelung kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Kirchenleitung, z. B. in Konfliktfällen, von der Möglichkeit des § 52 KGO keinen Gebrauch macht und daher der Kirchenvorstand aufgrund von Rücktritten Einzelner oder des gesamten Kirchenvorstands beschlussunfähig bleibt.
4. Der Dekanatssynodalvorstand übernimmt alle Aufgaben eines Kirchenvorstands. Ist eine Siegelung von Urkunden im Namen der Kirchengemeinde notwendig, ist das Siegel des Dekanats zu nutzen.
5. Gerade, wenn noch gewählte und berufene Kirchenvorstandsmitglieder im Amt sind, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Ein Dekanatssynodalvorstand sollte also nur in den unbedingt erforderlichen Maß und nur für die unbedingt erforderliche Zeitspanne als „Notkirchenvorstand“ tätig werden. Folgende juristische Maßnahmen haben sich in der Praxis als sinnvoll erwiesen:
a) Der Dekanatssynodalvorstand sollte von der Möglichkeit der Reduzierung der Zahl der Kirchenvorstandsmitglieder nach § 30 Absatz 1 KGO Gebrauch machen, um die Zahl der Personen, die nach § 50 KGO ernannt werden müssen, so gering wie möglich zu halten.
b) Dem Dekanatssynodalvorstand steht als „Notkirchenvorstand“ die Möglichkeit zur Verfügung, die Kirchenvorstandsarbeit an einen Ausschuss nach § 44 KGO zu delegieren. In diesem Ausschuss sollten die noch verbliebenen Kirchenvorstandsmitglieder und mindestens ein Mitglied des Dekanatssynodalvorstands berufen werden. Ein solcher Ausschuss kann sowohl beratende als auch beschließende Funktion haben. In jedem Fall muss der Dekanatssynodalvorstand eine Geschäftsordnung für diesen Ausschuss beschließen.
6. Entsprechend ist § 52a KGO anzuwenden, wenn ein Kirchenvorstand nicht mehr arbeitsfähig ist, weil er weder Vorsitzende oder Vorsitzenden noch eine Stellvertretung hat. In diesem Fall übernimmt der Dekanatssynodalvorstand (nur) die in § 38 KGO beschriebenen Geschäftsführungsaufgaben im Kirchenvorstandsvorsitz (siehe auch Kommentierung Nummer 6 zu § 28). Die eigentliche Beschlussfassung verbleibt beim Kirchenvorstand. Auch hier ist es empfehlenswert, wenn der Dekanatssynodalvorstand eines seiner Mitglieder mit der Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben im Kirchenvorstandsvorsitz beauftragt. Nach außen vertreten wird die Kirchengemeinde durch den Dekanatssynodalvorstand nach § 35 DSO. Im Regelfall kann eine Übernahme der Geschäftsführungsaufgaben durch den Dekanatssynodalvorstand im Kirchenvorstandsvorsitz beendet werden, indem die Dekanin oder der Dekan eine Vakanz- oder Krankheitsvertretung nach Artikel 28 Absatz 2 Nummer 6 KO bestimmt, die nach §§ 28 Absatz 2, 27 Absatz 5 KGO bis zur Wahl einer oder eines neuen Kirchenvorstandsvorsitzenden diese Aufgabe wahrnimmt, was unmittelbar wieder zur Handlungsfähigkeit des Kirchenvorstands führt.