Abschnitt 2. Wahlvorbereitung
§ 9. Bezirkswahl.
(1) Der Kirchenvorstand kann die Kirchengemeinde in mehrere Wahlbezirke einteilen (Bezirkswahl). Wahlbezirke können gebildet werden, wenn es innerhalb der Kirchengemeinde Wohnbezirke gibt, die räumlich abgrenzbar (z. B. Orte oder Ortsteile) und entweder strukturell unterschiedlich oder durch ein eigenständiges Gemeindeleben mit regelmäßigem Gottesdienst (z. B. Seelsorgebezirke) geprägt sind.
(2) Der Kirchenvorstand kann beschließen, dass in einzelnen oder allen Wahlbezirken nur die auf den jeweiligen Wahlbezirk entfallenden Mitglieder des Kirchenvorstands gewählt werden (echte Bezirkswahl).
(3) Der Kirchenvorstand kann beschließen, dass lediglich der Wahlvorschlag nach Wahlbezirken aufgegliedert und die Zahl der für jeden Wahlbezirk zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstands festgelegt wird, aber alle Wahlberechtigten zur Wahl des gesamten Kirchenvorstands zugelassen sind (unechte Bezirkswahl).
(4) Die Aufteilung der Zahl der zu wählenden Kirchenvorstandsmitglieder auf die einzelnen Wahlbezirke erfolgt durch den Kirchenvorstand unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Gemeindemitglieder, wobei die Gesamtzahl der zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstandes nach § 7 bestimmt ist. Der Wahlvorschlag soll für jeden Bezirk mindestens eine Person mehr enthalten als in diesem Bezirk zu wählen ist. Der Wahlvorschlag muss für jeden Bezirk mindestens so viele Personen enthalten wie in diesem Bezirk zu wählen sind.
(5) Kandidierendenvorschläge für zusätzliche Jugendmitglieder sind den einzelnen Wahlbezirken zuzuordnen.
Kommentar zu § 9:
1. Grundsätzlich werden die Kirchenvorstandswahlen nach dem Prinzip der Einheitswahl durchgeführt, d.h. das gesamte Gemeindegebiet bildet einen Wahlbezirk (§ 8 KGWO).
2. Eine Bezirkswahl durch Bildung mehrerer Wahlbezirke kann durchgeführt werden, wenn es innerhalb der Kirchengemeinde Wohnbezirke gibt, die räumlich abgrenzbar (z.B. Orte oder Ortsteile) und entweder strukturell unterschiedlich oder durch ein eigenständiges Gemeindeleben mit regelmäßigem Gottesdienst (z.B. Seelsorgebezirke) geprägt sind. Dazu muss nicht nur das Kriterium „räumliche Abgrenzbarkeit“, sondern auch eine der beiden genannten weiteren Voraussetzungen vorliegen. Für das Kriterium „räumlich abgrenzbare Wohnbezirke“ sind kommunale Gebietseinteilungen nicht maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, dass der jeweilige Wahlbezirk räumlich eindeutig (z.B. durch Straßen, Bahnlinien, Flussläufe oder freie Flächen) von den anderen Wahlbezirken zu unterscheiden ist. Strukturell unterschiedliche Wohnbezirke können insbesondere durch unterschiedliche Bevölkerungs- oder Wohnstrukturen (z.B. Dorf- oder Stadtkern, im Vergleich zu einem Neubaugebiet) gekennzeichnet sein.
3. Liegen die Voraussetzungen für die Bildung von Wahlbezirken vor, kann der Kirchenvorstand zwischen folgenden zwei Möglichkeiten wählen:
a) Bei einer echten Bezirkswahl werden in einzelnen oder allen Wahlbezirken nur die auf den jeweiligen Wahlbezirk entfallenden Mitglieder des Kirchenvorstandes entsprechend der Zahl der Gemeindemitglieder gewählt (§ 9 Abs. 2 KGWO, echte Bezirkswahl). In diesem Fall kann das Gemeindemitglied nur in seinem Wahlbezirk die Kandidatinnen und Kandidaten dieses Wahlbezirks wählen.
b) Bei der unechten Bezirkswahl wird lediglich der Wahlvorschlag nach Wahlbezirken gegliedert, und die Zahl der für jeden Wahlbezirk zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstandes wird entsprechend der Zahl der Gemeindemitglieder festgelegt (§ 9 Abs. 3 KGWO, unechte Bezirkswahl). In diesem Fall können die Wahlberechtigten über die Kandidatinnen und Kandidaten aller Wahlbezirke mitentscheiden.
4. Die Durchführung einer Bezirkswahl bedarf eines Beschlusses des Kirchenvorstands. Der Beschluss ist nicht anfechtbar, da es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen internen Organisationsakt handelt.
5. Sobald die entsprechende Meldung an die ECKD im Wahlmodul erfolgt ist, ist der Beschluss des Kirchenvorstands aus umsetzungstechnischen Gründen nicht mehr revidierbar.
6. Wer für einen Bezirk gewählt wurde, aber im Laufe der Amtsperiode innerhalb der Kirchengemeinde umzieht, behält sein Amt, auch wenn sich dadurch die Stimmverhältnisse der Bezirke verschieben.

7. Wird nach Wahlbezirken gewählt, legt § 9 Abs. 4 KGWO fest, dass die Aufteilung der Zahl der zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstands auf die einzelnen Wahlbezirke grundsätzlich entsprechend der Zahl der Gemeindemitglieder erfolgen muss. Der Kirchenvorstand kann die Zahl der zu wählenden Kirchenvorstandsmitglieder aber auch davon abweichend auf die Wahlbezirke verteilen, um regionalen Gegebenheiten Rechnung tragen zu können, z.B. dann, wenn ein Wahlbezirk so klein ist, dass er bei einer rechnerischen Verteilung nicht berücksichtigt werden könnte. Die Gesamtzahl der zu wählenden Mitglieder des Kirchenvorstands bestimmt sich dabei nach § 7 KGWO und darf nicht überschritten werden.

8. Bei der Bezirkswahl in beiderlei Form muss der Wahlvorschlag für jeden Bezirk mindestens so viele Personen enthalten, wie in diesem Wahlbezirk zu wählen sind. Der Wahlvorschlag soll mindestens eine Person mehr enthalten, als in diesem Bezirk zu wählen ist. Deshalb kann sich ergeben, dass bei einer Bezirkswahl mehr Kandidierende aufgestellt werden müssen als bei einer Einheitswahl. Insgesamt muss der Wahlvorschlag sich in den in § 7 Abs. 1 KGWO vorgesehenen Korridoren für die Zahl an Kirchenvorstandsmitgliedern bewegen. Bei einer Bezirkswahl werden nicht die einzelnen Bezirke getrennt, sondern der Stimmzettel insgesamt betrachtet. Enthält er nicht mehr als insgesamt 25% mehr Kandidierende als Kirchenvorstandsmitglieder zu wählen sind, müssen alle Gewählten in jedem Fall mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen, § 20 Absatz 2 Satz 2 KGWO. Enthält der Stimmzettel insgesamt mehr als 25% mehr Kandidierende als Kirchenvorstandsmitglieder zu wählen sind, ist gewählt, wer bis zur Zahl der zu vergebenden Sitze in den Bezirken die meisten Stimmen erhält, auch wenn in einzelnen Bezirken nur bis zu 25% Kandidierende aufgestellt wurden. Denn für die Wahl gilt in allen Bezirken dasselbe Wahlrecht.
9. Bei der Aufstellung der Kandidierenden für die einzelnen Bezirke ist zu beachten, dass diese Personen auch in den jeweiligen Bezirken aktiv und präsent sind. Denn durch eine Bezirkswahl sollen unterschiedliche Gemeindeteile dauerhaft auch im Kirchenvorstand durch Kirchenvorstandsmitglieder vertreten sein.
10. Umgemeindete Gemeindemitglieder (§ 12 Abs. 2 KGO) sind den einzelnen Wahlbezirken gleichmäßig zuzuordnen. Bei der Durchführung einer echten Bezirkswahl können die umgemeindeten Gemeindemitglieder vom Kirchenvorstand schriftlich aufgefordert werden, innerhalb von vier Wochen mitzuteilen, in welchem Wahlbezirk sie ihr Wahlrecht ausüben wollen. Gleichzeitig sollten sie darauf hingewiesen werden, dass der Kirchenvorstand über ihre Zuordnung zu den Wahlbezirken auch dann entscheidet, wenn sie innerhalb der Frist von vier Wochen nicht geantwortet haben. Die Meldung der Zuordnung umgemeindeter Gemeindemitglieder zu den Wahlbezirken muss innerhalb der vorgesehenen Fristen an das EDV-Centrum für Kirche und Diakonie (ECKD) erfolgen.

11. Für Gesamtkirchengemeinden sieht § 45 RegionalG verbindlich vor, dass für die Wahl des Gesamtkirchenvorstands eine Bezirkswahl durchzuführen ist. Die Wahlbezirke müssen dabei den Ortskirchengemeinden entsprechen.
Beispiel |
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In einer Gemeinde mit 1.930 Gemeindemitgliedern werden z.B. 3 Wahlbezirke gebildet: Wahlbezirk 1 hat 560 Gemeindemitglieder, Wahlbezirk 2 hat 320 Gemeindemitglieder, Wahlbezirk 3 hat 1.050 Gemeindemitglieder. Legt der Kirchenvorstand nach § 7 fest, dass 10 Mitglieder des Kirchenvorstandes zu wählen sind, verteilen sich die Plätze rechnerisch wie folgt: Wahlbezirk 1 = (560 × 10) ÷ 1.930 = 2, 901 = 2 + 1 Kirchenvorstandsmitglieder (aufgrund der höchsten Dezimalstelle „9“) Wahlvorschlag = 4 Kandidatinnen (1 Person mehr) Wahlbezirk 2 = (320 × 10) ÷ 1.930 = 1, 658 = 1 + 1 Kirchenvorstandsmitglieder (aufgrund der nächst höheren Dezimalstelle „6“) Wahlvorschlag = 3 Kandidatinnen (1 Person mehr) Wahlbezirk 3 = (1.050 × 10) ÷ 1.930 = 5,440 = 5 Kirchenvorstandsmitglieder (da alle aufgrund der Dezimalstelle zu verteilenden Plätze schon verteilt sind) Wahlvorschlag = 6 Kandidatinnen (1 Person mehr) Gesamtzahl des Wahlvorschlags: 13 Kandidatinnen und Kandidaten (¼ mehr) |
Stichwort: Bezirkswahl ja oder nein? |
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