Abschnitt 1. Allgemeines
§ 4. Wählbarkeit.
(1) Zu Mitgliedern des Kirchenvorstands können nur solche wahlberechtigten Gemeindemitglieder gewählt werden, die
- zu Beginn der Amtszeit das 18. Lebensjahr vollendet haben, sofern bei Minderjährigen das schriftliche Einverständnis der Sorgerechtsinhaber mit einer Kandidatur vorliegt,
- sich schriftlich bereit erklärt haben, für das Amt zu kandidieren, in eine Verarbeitung der erforderlichen personenbezogenen Daten für das Wahlverfahren einwilligen und bereit sind, das Versprechen nach Artikel 13 Absatz 6 der Kirchenordnung2# abzulegen sowie erklärt haben, ob und bei welchem kirchlichen Arbeitgeber sie beschäftigt sind.
Sie sollen konfirmiert sein.
(1a) Zu Jugendmitgliedern im Kirchenvorstand können nur solche Gemeindemitglieder gewählt werden, die
- zu Beginn der Amtszeit das 14. Lebensjahr, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben,
- sich schriftlich bereit erklärt haben, für das Amt zu kandidieren und bereit sind, das Versprechen nach Artikel 13 Absatz 6 der Kirchenordnung3# abzulegen sowie erklärt haben, ob und bei welchem kirchlichen Arbeitgeber sie beschäftigt sind,
- zu Beginn der Amtszeit konfirmiert sind,
- nicht aufgrund der Bestimmungen eines Kirchengesetzes das Wahlrecht verloren haben und
- bei denen das schriftliche Einverständnis der Sorgerechtsinhaber in eine Verarbeitung der erforderlichen personenbezogenen Daten für das Wahlverfahren sowie zur Mitarbeit im Kirchenvorstand als Jugendmitglied vorliegt.
(2) Nicht gewählt werden dürfen:
1. Gemeindemitglieder, die im Umfang eines mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses zur Kirchengemeinde tätig sind.
2. Gemeindemitglieder, die als Mitarbeitende anderer kirchlicher Einrichtungen in der Kirchengemeinde im Umfang eines mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sind.
3. Ehepartnerinnen oder Ehepartner oder nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundene Partnerinnen oder Partner von Gemeindepfarrerinnen und -pfarrern sowie deren Kinder.
4. Ruhestandspfarrerinnen oder Ruhestandspfarrer, die zuvor Gemeindepfarrerin oder Gemeindepfarrer in derselben Kirchengemeinde waren, sowie deren Ehepartnerinnen oder Ehepartner oder nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundene Partnerinnen oder Partner.
5. Gemeindemitglieder, denen innerhalb der letzten sechs Jahre ihr Amt wegen groben Verstoßes gegen ihre Pflichten als Kirchenvorsteherin oder Kirchenvorsteher aberkannt worden ist (§ 51 KGO1).
(3) Nicht gewählt werden sollen:
1. ordinierte Gemeindemitglieder.
2. Ehepartnerinnen oder Ehepartner oder nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundene Partnerinnen oder Partner von Personen, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von Absatz 2 Nummer 1 zur Kirchengemeinde tätig sind.
(4) Dem Kirchenvorstand sollen nicht gleichzeitig angehören: Ehegatten, Partnerinnen und Partner eingetragener Lebenspartnerschaften, Geschwister, Stiefgeschwister, Eltern und Kinder, Stiefeltern und Stiefkinder, Schwiegereltern und Schwiegerkinder.
(5) Der Dekanatssynodalvorstand kann auf Antrag des Benennungsausschusses oder des Kirchenvorstandes in begründeten Einzelfällen von der Vorschrift der Absätze 3 und 4 Ausnahmen bewilligen. Der Dekanatssynodalvorstand entscheidet endgültig.
Kommentar zu § 4:
1. § 4 Abs. 1 Nr. 2 KGWO sieht vor, dass Gemeindemitglieder sich bereits vor der Aufnahme in den Wahlvorschlag verbindlich schriftlich bereit erklären, das Amt im Fall ihrer Wahl auch zu übernehmen. Hierdurch soll bei der Wahlvorbereitung eine größere Sicherheit erreicht werden und ein „Rücktritt“ zwischen der Aufstellung des Wahlvorschlags und der Wahl erschwert werden.

2. Die Konfirmation bleibt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 KGWO grundsätzlich Voraussetzung für die Wählbarkeit, d.h. das passive Wahlrecht. Durch die Sollvorschrift ist es aber auch möglich, geeignete Gemeindemitglieder, die aus vielerlei Gründen nicht konfirmiert sein können, als Kandidatin oder Kandidat aufzustellen.

3. Um den Datenschutzbestimmungen im Wahlverfahren gerecht werden zu können, müssen (!) alle Kandidierenden und die Sorgeberechtigten für Jugendmitglieder bei einer Kandidatur ihr Einverständnis in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für das Wahlverfahren erteilen. In § 2 Absatz 4 Datenschutzverordnung ist festgelegt, dass Familienname, Vorname, akademischer Titel, Beruf, Lebensalter, Familienstand und Anschrift der Hauptwohnung für eine öffentliche Bekanntmachung, auch im Internet, verarbeitet werden dürfen. Daneben werden die Kandidierenden bzw. die Sorgeberechtigten bei Kandidierenden für Jugendmitglieder nach dem Einverständnis in die Veröffentlichung von Porträtfotos, auch im Internet, gebeten. Außerdem werden für alle Kandidierenden E-Mail-Adressen abgefragt, die in das Gemeindemitgliederverzeichnis – und nur dort – eingepflegt werden, § 7 Absatz 3a Meldewesenverordnung.
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- 3 Erklaerung zur Kandidatur v2021.pdfMUSTER - Erklärung zur Kandidatur gemäß § 4 Absatz 1 Nr. 2/Absatz 1a Nr. 2 und 4 KGWO (Stand: 2021)
4. Um eventuelle Wahlhindernisse aufgrund eines kirchlichen Beschäftigungsverhältnisses feststellen zu können, müssen Kandidatinnen und Kandidaten erklären, ob und bei welchem kirchlichen, d.h. evangelischen Arbeitgeber sie beschäftigt sind. Durch die Gesetzesformulierung sind auch die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung dieser personenbezogenen Daten erfüllt.

5. Minderjährige Kandidatinnen und Kandidaten müssen zu Beginn der Amtszeit des Kirchenvorstands die Volljährigkeit erreicht haben. Das Datum des 18. Geburtstags ist sicher feststellbar, wenn über eine Zulässigkeit einer möglichen Kandidatur entschieden werden muss. Bei der Kirchenvorstandswahl 2021 sind minderjährige Kandidierende also wählbar, wenn sie am 1. September 2021 das 18. Lebensjahrvollendet haben. Zudem ist das nach§ 107 BGB erforderliche Einverständnis aller (!) Sorgerechtsinhaber, im Regelfall der Eltern, einzuholen.
6. Ein Höchstalter für die Wählbarkeit in den Kirchenvorstand gibt es nicht.
8. Zu Jugendmitgliedern können nur Gemeindemitglieder gewählt werden, die bei Amtsantritt das 14. Lebensjahr vollendet haben, aber noch minderjährig sind.

9. Jugendmitglieder müssen spätestens zu ihrem Amtsantritt konfirmiert sein. Dadurch ist es möglich, dass auch der Konfirmandenjahrgang des Wahljahres in den Kirchenvorstand gewählt werden kann.
10. Gemeindemitglieder, für die Kirchenvorstand das Ruhen der Rechte
als Gemeindemitglied beschlossen hat
(§ 15 Abs. 3 KGO),
sind auch als Jugendmitglieder nicht wählbar.
11. Aufgrund des zu beachtenden gesetzlichen Schutzes Minderjähriger ist nach § 107 BGB das Einverständnis aller (!) Sorgerechtsinhaber, im Regelfall der Eltern, mit einer Mitarbeit im Kirchenvorstand erforderlich.
12. Die in § 4 Abs. 2 KGWO genannten Personengruppen sind nicht wählbar. Ausnahmen sind nicht zulässig. Dieser Ausschluss von der Wählbarkeit ist einerseits in der engen Familienbindung, andererseits in der Arbeitgeber-, Dienstherren- und Aufsichtsfunktion der Gemeindeleitung begründet. Diese Bestimmung will Interessenkollisionen ebenso ausschließen wie Störungen der Dienstgemeinschaft mit den übrigen Mitarbeitenden der Kirchengemeinde.

13. In § 4 Abs. 2 Nr. 1 KGWO ist vorgesehen, dass Gemeindemitglieder wählbar sind, die in einem nur geringfügigen Beschäftigungsverhältnis (derzeit bis zu 450,- € monatlich, Stand Januar 2014) zur Kirchengemeinde stehen.
14. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer kirchlicher Dienststellen, z.B. der Regionalverwaltungen und der Kirchengemeindeverbände sowie der Dekanate, können gewählt werden. Maßgebend ist, dass nicht die Kirchengemeinden, sondern vielmehr diese Dienststellen Arbeitgeber sind und die Kirchenvorstände keinen Einfluss auf die Ausgestaltung dieser Arbeitsverhältnisse haben, sodass Interessenkollisionen nicht vorliegen. Sollte im Einzelfall in Kirchenvorstandssitzungen eine persönliche Befangenheit vorliegen, wären diese kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einer Beratung und Beschlussfassung gemäß § 37 KGO ausgeschlossen.

15. Die Regelung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 KGWO bedeutet, dass Mitarbeitende anderer kirchlicher Einrichtungen, die in einem Umfang von mehr als einer geringfügigen Beschäftigung in der entsprechenden Kirchengemeinde tätig sind, dort nicht in den Kirchenvorstand gewählt werden können. Diese Fallgruppe umfasst vor allem Kirchenmusikerinnen und -musiker sowie Gemeindepädagoginnen und -pädagogen, die, vom Dekanat angestellt, in verschiedenen Kirchengemeinden tätig sind. Erfasst werden auch Mitarbeitende von Kindertagesstätten beim Übergang in eine gemeindeübergreifende Trägerschaft (GÜT) des Dekanats. Die Regelung betrifft aber auch Gemeindesekretärinnen und -sekretäre, die in einer Kirchengemeinde angestellt, aber in mehreren Kirchengemeinden oder in gemeinsamen Gemeindebüros tätig sind.
16. In den nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 und 4 KGWO nicht wählbaren Personenkreis sind neben den Ehepartnern und deren Kindern auch die nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Lebenspartnerinnen und -partner der Gemeindepfarrerinnen und -pfarrer aufgenommen worden. Das Gleiche gilt für nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnerinnen und Partner von Ruhestandspfarrerinnen und -pfarrern, die zuvor Gemeindepfarrerin oder -pfarrer in der Kirchengemeinde waren.

17. Pfarrerinnen und Pfarrer im Ehrenamt sind nicht in den Kirchenvorstand wählbar, da sie nach § 2 Absatz 3 Nr. 3 Pfarrdienstgesetz der EKD in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zur EKHN stehen. Sie gehören dem Kirchenvorstand im Regelfall bereits aufgrund ihrer Beauftragung nach § 25 Absatz 2 Satz 2 KGO an. Angehörige von Pfarrerinnen und Pfarrer im Ehrenamt sind jedoch wählbar, da Pfarrerinnen und Pfarrer im Ehrenamt keine Gemeindepfarrerinnen oder Gemeindepfarrer sind, so dass die Ausschlussregelung des § 4 Absatz 2 Nr. 3 und 4 nicht gilt. Angehörige von Pfarrerinnen und Pfarrern im Ehrenamt bedürfen für eine Mitgliedschaft im Kirchenvorstand allerdings der Genehmigung des Dekanatssynodalvorstands nach § 4 Absatz 4 KGWO.
18. Gemäß § 4 Abs. 3 u. 4 KGWO sollen bestimmte Personen nicht in den Kirchenvorstand gewählt werden. Dies betrifft zum einen ordinierte Gemeindemitglieder und zum anderen Ehepartnerinnen und Ehepartner sowie nach dem Partnerschaftsgesetz verbundene Partnerinnen und Partner von Mitarbeitenden, die in einem mehr als geringfügigen Beschäftigungsverhältnis zur Kirchengemeinde stehen oder im Umfang eines solchen in der Kirchengemeinde tätig sind. Zudem sollen dem Kirchenvorstand nicht gleichzeitig Personen angehören, die untereinander in enger verwandtschaftlicher Beziehung stehen. Diese Regelung gilt auch für Jugendmitglieder und ihre Angehörigen. Hintergrund des grundsätzlichen Ausschlusses dieser Personen von der Wählbarkeit ist die Vermutung, dass bei diesen Personengruppen weit häufiger als bei anderen Personengruppen Interessenkollisionen auftreten, die die Kirchenvorstandsarbeit belasten können.
19. Die Soll-Regelung des § 4 Abs. 3 bedeutet in der Rechtssprache, dass der dort genannte Personenkreis grundsätzlich nicht gewählt werden darf, es sei denn, ganz besondere Gründe sprechen dafür, einzelnen Personen ausnahmsweise die Wählbarkeit zuzuerkennen. Entscheidet sich der Benennungsausschuss oder der Kirchenvorstand, z.B. bei Nachwahlen oder Nachberufungen, im Einzelfall für ein eigentlich nicht wählbares Gemeindemitglied, ist für eine Kandidatur eine Ausnahmegenehmigung des Dekanatssynodalvorstands erforderlich. Eine Ausnahmegenehmigung ist auch erforderlich, wenn diese Konstellation während der Amtszeit des Kirchenvorstandes auftritt, z.B. weil sich die Ehefrau eines Kirchenvorstandsmitglieds als Mitarbeiterin bewirbt oder weil Mitarbeitende Kirchenvorstandsmitglieder oder Kirchenvorstandsmitglieder untereinander heiraten (§ 51 Abs. 1 KGO). Der Antrag ist zu begründen. Eine Ausnahmegenehmigung kommt nur in Betracht, wenn im Einzelfall trotz der einschlägigen dienstrechtlichen oder familiären Bindungen die Gefahr einer Interessenkollision erheblich geringer als im Regelfall einzuschätzen ist. Kriterien hierfür sind z.B. der monatliche Bruttoverdienst, der Stellenumfang (wöchentliche Arbeitszeit) und die Art der Tätigkeit.
20. Partnerinnen und Partner nicht ehelicher Lebensgemeinschaften sind trotz vergleichbarer Interessenlage aus Gründen der fehlenden Justitiabilität von den Ausschlussregelungen des Abs. 3 nicht erfasst. Hier kann und muss der Benennungsausschuss bzw. der Kirchenvorstand über die Mitgliedschaft eines in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Paares im Kirchenvorstand entscheiden.
21. Anträge auf Ausnahmegenehmigungen sind so rechtzeitig an den Dekanatssynodalvorstand zu stellen, dass dessen Entscheidung vorliegt, bevor über die Wählbarkeit bzw. Wahl der betreffenden Person (z.B. Aufnahme in den vorläufigen Wahlvorschlag, Aufnahme in den endgültigen Wahlvorschlag) oder über deren Einstellung als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter entschieden wird. Die Entscheidung des Dekanatssynodalvorstands ist endgültig, d.h. der Rechtsweg gegen diese Entscheidung ist ausgeschlossen. Eine Genehmigung gilt für die gesamte Amtszeit des entsprechenden Kirchenvorstandsmitglieds und kann daher später nicht vom Dekanatssynodalvorstand widerrufen werden, sollten aus dem engen Verwandtschaftsverhältnis doch Probleme erwachsen.