Abschnitt 1: Allgemeines
§ 1. Grundsatz.
(1) In den Kirchenvorstand sollen Personen gewählt werden, die bereit und geeignet sind, die in der Kirchenordnung genannten Aufgaben der Leitung der Kirchengemeinde zu übernehmen.
(2) Die Gemeindemitglieder nehmen ihre Mitverantwortung für die Leitung der Kirchengemeinde dadurch wahr, dass sie sich an der kirchlichen Wahl beteiligen, frei von allen unkirchlichen Bindungen ihre Entscheidung treffen und sich auch selbst zur Übernahme eines solchen Dienstes bereit finden.
Kommentar zu § 1:
1. Durch eine Kirchenvorstandswahl werden in der EKHN alle sechs Jahre die Mehrzahl der Kirchenvorstandsmitglieder durch die Gemeindemitglieder gewählt. Neben den gewählten Mitgliedern gibt es berufene Mitglieder (§ 29 KGO) und die Pfarrerinnen und Pfarrer als Mitglieder kraft Amtes (§ 25 KGO). Daneben können bis zu zwei Jugendmitglieder im Kirchenvorstand mitarbeiten (§ 29a KGO).
2. Der Kirchenvorstand ist das (einzige) rechtliche und geistliche Leitungsorgan der Kirchengemeinde (Art. 13 Abs. 1 KO). Er entscheidet und berät im Rahmen der gesamtkirchlichen Ordnung über alle Angelegenheiten der Kirchengemeinde. Er leitet die Kirchengemeinde nach der Schrift und gemäß dem Bekenntnis innerhalb
der kirchlichen Ordnung als geistliche Gemeindeleitung und ist für das gesamte Gemeindeleben verantwortlich. Er hat darauf zu achten, dass in der Gemeinde das Wort Gottes lauter verkündigt wird und die Sakramente recht verwaltet werden (Art. 13 KO). Er ist auch für die ordnungsgemäße Verwaltung aller Angelegenheiten der Kirchengemeinde verantwortlich. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere (Art. 13 Abs. 3 KO, §§ 16–23 KGO):
· Die Vertretung der Kirchengemeinde in geistlichen und rechtlichen Fragen,
· die Ordnung und Gestaltung des kirchlichen Lebens in der Kirchengemeinde,
· die Mitverantwortung für die Seelsorge,
· die Aufstellung von Pfarrdienstordnungen (§ 5 KGO),
· die Ordnung der besonderen Dienste der Kirchengemeinde und die Zusammenarbeit mit übergemeindlichen Einrichtungen und Werken der Kirche,
· die Wahl der Pfarrerin oder des Pfarrers im Falle des Wahlrechts der Kirchengemeinde und die Mitwirkung bei der Pfarrstellenbesetzung in den übrigen Fällen,
· die Mitwirkung bei der Errichtung neuer Pfarrstellen und der Bildung neuer Pfarrbezirke sowie bei Änderungen des Gemeindegebiets der Kirchengemeinde,
· die Entscheidung über die finanziellen Angelegenheiten der Kirchengemeinde,
· die Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktion,
· die Zuständigkeit für die Gebäude.
3. Der Appell des Gesetzgebers, sich als Kandidatin oder Kandidat zur Verfügung zu stellen, begründet kein Recht auf Aufnahme in den Wahlvorschlag. Hierüber entscheidet der Benennungsausschuss (§ 6 KGWO, Rdz. Nr. 7) oder die Gemeindeversammlung (§ 10 KGWO).
4. Gemeindemitglieder sollen als Mitglied des Kirchenvorstands ausschließlich zum Wohle der Kirchengemeinde handeln können. Die Mitarbeit in der Kirchengemeinde soll daher nicht für Eigeninteressen oder die Interessen Dritter instrumentalisiert werden.
5. Über die Geeignetheit von Gemeindemitgliedern für das Amt des Kirchenvorstandsmitglieds entscheiden der Benennungsausschuss, die Gemeindeversammlung und die Wählerschaft. In späteren Wahlprüfungsverfahren durch den Dekanatssynodalvorstand oder das Kirchengericht kann nur die Wählbarkeit von Kandidierenden überprüft werden.
6. Eine allgemeine Überprüfung der politischen Einstellung von Kandidatinnen und Kandidaten gibt es nicht. Eine Eignung Einzelner wird aber genauer zu prüfen sein, wenn eine Kandidatin oder ein Kandidat durch menschenverachtende, ausgrenzende, rassistische, juden- oder islamfeindliche o.ä. Äußerungen oder Aktivitäten auffällt. Dies gilt vor allem, wenn diese oder dieser sich nachweislich öffentlich derartig äußert (z. B. in öffentlichen Diskussionen oder Leserbriefen, aber auch in sozialen Medien, in Blogs oder anderen Medien). Gemeindemitglieder sollen als Mitglied des Kirchenvorstands ausschließlich zum Wohl der Kirchengemeinde handeln können, „in der Bindung an Gottes Wort gemäß dem Bekenntnis und nach den Ordnungen unserer Kirche und unserer Gemeinde“ (Art. 13 Kirchenordnung). Die Mitarbeit in der Kirchengemeinde darf deshalb nicht für die Interessen politischer Parteien instrumentalisiert werden.