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Abschnitt 3. Mitverantwortung der Gesamtkirche

Unterabschnitt 2. Rechtsbehelfe

§ 53. Einspruch.

(1) Gegen die Beschlüsse des Kirchenvorstands steht den Betroffenen der Einspruch zu, sofern nicht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist. Der Einspruch ist binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Kirchenvorstand zu erheben und hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn der Kirchenvorstand im besonderen kirchlichen Interesse die sofortige Vollziehung anordnet.

(2) Hilft der Kirchenvorstand dem Einspruch nicht ab, legt er die Angelegenheit dem Dekanatssynodalvorstand zur Entscheidung vor. Hilft auch der Dekanatssynodalvorstand dem Einspruch nicht ab, entscheidet die Kirchenleitung.

(3) Vor einer Entscheidung der Kirchenleitung sind die Kirchengemeinde und die Betroffenen anzuhören. Entscheidungen sind schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.

Kommentar zu § 53:

1. Wer von einem Kirchenvorstandsbeschluss betroffen ist, kann gegen diesen Beschluss grundsätzlich Einspruch erheben. Betroffen ist jeder, der durch die Entscheidung direkt in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Der Einspruch ist also trotz der weiten Formulierung keine generelle Überprüfungsmöglichkeit von Kirchenvorstandsbeschlüssen für jedermann (Ausschluss der Popularklage).

2. Die Möglichkeit eines Einspruchs ist nicht gegeben, wenn der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben ist, wie dies beispielsweise in Arbeitsrechtssachen der Fall ist. Hierdurch soll der doppelte Rechtsweg ausgeschlossen werden. Wenn der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten eröffnet ist, soll bereits der Einspruch gegen Beschlüsse des Kirchenvorstands nicht möglich sein, sondern von Anfang an der staatliche Rechtsweg beschritten werden.

3. 3. Der Einspruch ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen möglich und nach § 2 Absatz 2 Verwaltungsverfahrens- und -zustellungsgesetz der EKD (VVZG-EKD) schriftlich oder in Textform, beispielsweise per Email, zu erheben. Die Frist beginnt (erst) mit der Bekanntgabe des Beschlusses an die betroffene Person. Kirchenvorstandsbeschlüsse sollten daher möglichst schnell den Betroffenen schriftlich mitgeteilt werden. Ist ein Einspruch zu befürchten, sollte der Zugang durch Postzustellungsurkunde oder Zeugen bewiesen werden können. Ansonsten gilt ein Beschluss drei Tage nach Absendung als zugegangen, § 28 Absatz 2 VVZG-EKD. Nach § 30 VVZG-EKD ist bei Bescheiden über eine abschlägige Entscheidung des Kirchenvorstands eine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich, wie, wo und in welcher Frist der Einspruch einzulegen ist. Ablehnende Beschlüsse sind zu begründen, § 26 Absatz 1 VVZG-EKD.

Muster einer Rechtsbehelfsbelehrung:

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung des Kirchenvorstands kann Einspruch erhoben werden. Der Einspruch ist binnen einer Frist von zwei Wochen zu erheben. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids. Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch in Textform beim Kirchenvorstand Straße, Ort, zu erheben.

4. Einsprüche haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung des Einspruchs entfällt, wenn der Kirchenvorstand den Sofortvollzug im besonderen kirchlichen Interesse beschließt. Betroffene wiederum können gegen die Anordnung des Sofortvollzugs beim Kirchengericht nach § 20 Absatz 2 Satz 2 KVVG den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung stellen. Damit wird für den Bereich der EKHN ein mit Artikel 19 Absatz 4 GG, § 80 VwGO vergleichbares Niveau kirchlichen vorläufigen Rechtsschutzes erreicht.

5. Der Einspruch ist beim Kirchenvorstand zu erheben, der dem Einspruch selbst abhelfen kann. Nur wenn er dies nicht tut, legt er die Angelegenheit dem Dekanatssynodalvorstand zur Entscheidung vor.

6. Auch der Dekanatssynodalvorstand kann dem Einspruch abhelfen. Tut er es nicht, legt dieser seinerseits der Kirchenleitung die Angelegenheit zur Entscheidung vor. Mit dieser Neuregelung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Dekanatssynodalvorstände im Regelfall aus juristischen Laien bestehen und daher nach Möglichkeit nicht mit der Abwicklung eines komplexen verwaltungsrechtlichen Entscheidungsverfahrens belastet werden sollen. Der Dekanatssynodalvorstand kann den Kirchenvorstand und die oder den Betroffenen anhören oder nach Aktenlage entscheiden.

7. Absatz 3 bestimmt, dass die Kirchenleitung, die gemäß Absatz 1 eine umfassende Sachentscheidung zu treffen hat, sowohl die Kirchengemeinde als auch die Betroffenen anzuhören hat. Zudem ist das Erfordernis einer schriftlichen Begründung der Beschwerdeentscheidung sowie einer Rechtsmittelbelehrung verpflichtend aufgenommen worden. Gegen die Entscheidung der Kirchenleitung steht der Klageweg zum Kirchengericht offen.

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