Abschnitt 2. Der Kirchenvorstand
Unterabschnitt 5. Geschäftsführung und Geschäftsordnung
§ 44. Ausschüsse des Kirchenvorstands.
(1) Der Kirchenvorstand soll für sachlich oder örtlich abgegrenzte Aufgaben zu seiner Beratung Arbeitsausschüsse bestellen. Zu diesen Ausschüssen können neben Mitgliedern des Kirchenvorstands auch weitere Personen hinzugezogen werden.
(2) Sofern den Ausschüssen Aufgaben zur selbstständigen Wahrnehmung und Beschlussfassung unter Verantwortung des Kirchenvorstands übertragen werden, können dem Ausschuss mit Stimmrecht nur Mitglieder des Kirchenvorstands oder Gemeindemitglieder, die die Voraussetzungen der Wählbarkeit in den Kirchenvorstand nach § 4 Absatz 1 der Kirchengemeindewahlordnung1 erfüllen, angehören. Zu den Sitzungen können weitere Personen beratend hinzugezogen werden.
(3) Die Ausschüsse sind an die Weisungen des Kirchenvorstands gebunden und diesem berichtspflichtig. Ihre Arbeitsweise ist vom Kirchenvorstand durch eine Geschäftsordnung zu regeln. Der Kirchenvorstand bestimmt Vorsitz und Stellvertretung.
(4) Vor Beschlussfassung des Kirchenvorstands in Angelegenheiten, die einem Ausschuss übertragen sind, ist dieser zu hören.
(5) Die Tätigkeit der nach Absatz 1 mit der Wahrnehmung von Aufgaben Betrauten ist ehrenamtlich. Notwendige Auslagen werden erstattet.
Kommentar zu § 44

2. Aufgrund der eindeutigen Formulierung des Absatzes 1 Satz 2 müssen jedem Ausschuss auch Kirchenvorstandsmitglieder angehören.
3. Ein Ausschuss muss mindestens drei Mitglieder haben, damit Mehrheitsentscheidungen überhaupt möglich sind.
4. Sollen Ausschüssen Aufgaben des Kirchenvorstands zur Entscheidung zu
übertragen werden, beschließen Ausschüsse anstelle des Kirchenvorstands. Dann
können diesen Ausschüssen nur Kirchenvorstandsmitglieder oder wahlberechtigte
volljährige Gemeindemitglieder mit Stimmrecht angehören, andere Personen
können solchen Ausschüssen nur als beratende Mitglieder angehören.
Jugendmitglieder erhalten nach § 29a KGO auch in Ausschüssen erst mit
Erreichen der Volljährigkeit Stimmrecht.
5. Damit erhält der Kirchenvorstand ein Instrument, das ihm völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten seiner Arbeit als Leitungsorgan der Kirchengemeinde ermöglicht. Diese Vorschrift ist Teil eines ganzen Pakets an neuen Möglichkeiten: So kann der Kirchenvorstand auch Einrichtungen mit eigenen (beschließenden) Organen nach § 9 KGO schaffen oder von der Möglichkeit Gebrauch machen, Finanz- und Liegenschaftsbeauftragte nach § 38 Absatz 2 KGO einzusetzen oder im Kirchenvorstand Ressorts zu bilden.
Muster-Geschäftsordnung für Kirchenvorstände
Finanzbeauftragte
Ein Muster für die Dienstanweisung an Finanzbeauftragte wird zzt. nicht bereitgestellt. Die Inhalte der Dienstanweisung werden sich mit der Einführung der Doppik nicht unwesentlich verändern. Wenn Finanzbeauftragte innerhalb des Umstellungszeitraums bestellt werden sollen, wenden Sie sich bitte für Fragen der rechtlichen Gestaltung unmittelbar an Herrn Lutz Kanert (lutz.kanert@ekhn-kv.de, Tel.: 06151/405397).
Muster-Dienstanweisungen für Liegenschaftsbeauftragte
6. Anordnungsbefugnisse nach § 55 KHO können auch an geeignete Personen des Kirchenvorstands, an Ausschussvorsitzende beschließender Ausschüsse oder Mitarbeitende der Kirchengemeinde, z. B. der Leitung einer Kindertagesstätte, erteilt werden. Die Anordnungsbefugnis ist ein personenbezogenes Recht, sodass eine Weiterdelegation durch die betraute Person nicht möglich ist. Wird Mitarbeitenden eine Anordnungsbefugnis erteilt, muss aus Fürsorgegesichtspunkten das Haftungsrisiko minimiert und betragsmäßig angemessen begrenzt werden. Eine Anordnungsbefugnis soll daher immer nur für ein begrenztes Budget eingeräumt werden.
7. Für Kassenanordnungen gilt grundsätzlich das Vier-Augen-Prinzip durch zwei Unterschriften. In engen Grenzen ermöglicht § 55 KHO aber auch, dass der Kirchenvorstand bei einzelnen Anordnungsbefugnissen auf die Zweitunterschrift verzichtet. Um Missbrauch möglichst auszuschließen, sollte eine Anordnungsbefugnis ohne Zweitunterschrift an ein begrenztes Budget gebunden werden.
8. Auch die Arbeitsweise von Ausschüssen muss in einer Geschäftsordnung geregelt werden. Mindestens muss geregelt werden, wie viele Mitglieder dem Ausschuss angehören und welche Aufgaben konkret übertragen werden sollen. Damit der Kirchenvorstand den Überblick behalten kann, ist es empfehlenswert, wenn die Ausschüsse in der Geschäftsordnung für den Kirchenvorstand mitgeregelt werden. Die Muster-Geschäftsordnung der Kirchenverwaltung für den Kirchenvorstand ist daher entsprechend angelegt. Daneben gelten auch für Ausschüsse die allgemeinen Regelungen der KGO in den §§ 35 – 45 zu Geschäftsordnung und Geschäftsführung im Kirchenvorstand.
Muster-Geschäftsordnung für den Kirchenvorstand
9. Mitarbeitende der Kirchengemeinde, die nach § 4 Absatz 2 Nummer 1 und 2 KGWO nicht in den Kirchenvorstand wählbar sind, können auch als Gemeindemitglieder nicht Ausschussmitglieder sein. Gleiches gilt für Gemeindemitglieder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und daher nicht in den Kirchenvorstand wählbar sind. Diese Gemeindemitglieder können Ausschüsse allerdings ohne Stimmrecht beraten.
Die Regelungen des § 4 Absätze 3, 4 und 5 KGWO gelten für die Besetzung von Ausschüssen nicht, so dass auch dieser Personenkreis in Ausschüssen mitarbeiten könnte. Auch hier sollte der Kirchenvorstand jedoch prüfen, ob deren Mitarbeit in Ausschüssen der Arbeitsfähigkeit von Kirchenvorstand und Ausschuss zuträglich ist. Denn nicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist im Einzelfall sinnvoll.
Kirchenvorstandsmitglieder, die aus dem Kirchenvorstand ausscheiden, scheiden automatisch auch aus Ausschüssen des Kirchenvorstands aus. Sollen sie weiterhin in Ausschüssen mitarbeiten, muss der Kirchenvorstand sie als Gemeindemitglieder erneut in die entsprechenden Ausschüsse berufen.
10. Da diese Ausschüsse im Auftrag des Kirchenvorstands arbeiten, beruft der Kirchenvorstand die Personen in Vorsitz und Stellvertretung oder legt in einer Geschäftsordnung fest, dass die Ausschüsse Vorsitz und Stellvertretung selbst wählen können.
11. Absatz 3 regelt, dass die Ausschüsse als Ausschüsse des Kirchenvorstands an dessen Weisungen gebunden sind und diesem dementsprechend zu berichten haben. Auch Ausschüsse müssen daher ein Sitzungsprotokoll führen.
12. Für die Arbeit der Ausschüsse, besonders wenn ihnen Aufgaben zur selbstständigen Wahrnehmung und Beschlussfassung übertragen werden, bleibt die Verantwortung beim Kirchenvorstand. Der Kirchenvorstand kann daher generell oder im Einzelfall jederzeit Weisungen an den Ausschuss erteilen oder eine Entscheidungsbefugnis wieder entziehen. Dem Gesetzgeber war es wichtig sicher zu stellen, dass Ausschüsse kein Eigenleben entwickeln können. Insofern haben Ausschüsse keine Selbstverwaltungsrechte gegenüber dem Kirchenvorstand. Ein Kirchenvorstand, der Aufgaben an einen Ausschuss delegiert, wird aber seinerseits gut beraten sein, diesem Entscheidungsspielräume zu überlassen, will er dauerhaft Menschen finden, die in Ausschüssen arbeiten wollen.
13. Da die Ausschüsse im Auftrag des Kirchenvorstands arbeiten, können die oder der Vorsitzende und deren oder dessen Stellvertretung jederzeit an Ausschusssitzungen mit beratender Stimme teilnehmen, sofern sie nicht bereits Ausschussmitglieder sind.
14. Die Möglichkeit der Bildung beschließender Ausschüsse kann auch zur Bildung einer Unterstruktur größerer Kirchengemeinden, z. B. durch Ortsbeiräte für einzelne Gemeindeteile mit einem Unterbudget zur eigenen Verwaltung, einschließlich der Anordnungsbefugnis gegenüber der Regionalverwaltung nach § 55 KHO, genutzt werden.
15. Nach Absatz 4 haben Ausschüsse in Angelegenheiten, die ihnen übertragen wurden, ein Anhörungsrecht vor einer entsprechenden Beschlussfassung des Kirchenvorstands.
16. Nach Absatz 5 ist auch die Mitarbeit in Ausschüssen des Kirchenvorstands ehrenamtlich. Entsprechend der allgemeinen Regelung für alle Ehrenamtlichen in § 10 Ehrenamtsgesetz (EAG) besteht ein Anspruch auf Erstattung ihrer für die Aufgabenwahrnehmung im Ausschuss notwendigen Auslagen.
17. Andere kirchenrechtliche Regelungen in Gesetzen, Rechts- und Verwaltungsverordnungen, die die verpflichtende Einrichtung von Ausschüssen, z. B. § 4 Diakoniegesetz, § 5 Kindertagesstättenverordnung, Kinder- und Jugendordnung (KJO), vorsehen, gehen der Regelung der KGO vor. Solche Ausschüsse sind verpflichtend einzurichten.