Abschnitt 2. Der Kirchenvorstand
Unterabschnitt 4. Pflichten der Kirchenvorstandsmitglieder
§ 36. Verschwiegenheitspflicht.
(1) Die Mitglieder des Kirchenvorstands sind verpflichtet, über Angelegenheiten der Seelsorge und der Kirchenzucht, in Personalangelegenheiten sowie über sonstige Gegenstände, die ihrer Natur nach vertraulich sind oder für vertraulich erklärt werden, Stillschweigen zu bewahren. Die gewählten und berufenen Mitglieder des Kirchenvorstands sind hierauf sowie zur Wahrung des Datenschutzes in der ersten Sitzung ihrer Amtszeit durch die Pfarrerin oder den Pfarrer zu verpflichten.
(2) Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für solche Personen, die vom Kirchenvorstand zu seinen Beratungen hinzugezogen worden sind.
Kommentar zu § 36:
1. Nach Artikel 6 Absatz 3 KO sind Mitglieder des Kirchenvorstands zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Dies bedeutet, dass sie über vertrauliche Angelegenheiten mit Dritten nicht sprechen oder anderweitig kommunizieren dürfen und die entsprechenden Unterlagen für Dritte unzugänglich aufzubewahren haben. Dies bedeutet aber auch, dass sie bei der Nutzung von Internet, Email oder Social Media sicherstellen müssen, dass die Vertraulichkeit gewahrt wird und Dritte, z. B. durch einen „Familiencomputer“, nicht mitlesen können.
2. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach Ende der Mitgliedschaft im Kirchenvorstand fort. Alle Unterlagen aus der Kirchenvorstandsarbeit sind daher entweder zu vernichten oder der Kirchengemeinde zur Vernichtung zurückzugeben.
3. Angelegenheiten der Seelsorge unterliegen in jedem Fall der Amtsverschwiegenheit. Von der Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit kann nur die Kirchenleitung befreien, z. B. um eine Zeugenaussage eines Kirchenvorstandsmitglieds zu ermöglichen.
4. Über Personalangelegenheiten hat der Kirchenvorstand als Arbeitgeber Stillschweigen zu wahren. Wird diese Verpflichtung verletzt, kann sich der Kirchenvorstand oder einzelne seiner Mitglieder gegenüber der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter aufgrund des Arbeitsverhältnisses schadensersatzpflichtig machen. Dies gilt selbst für abgelehnte, außenstehende Bewerberinnen oder Bewerber bei Bewerbungsverfahren.
5. Bei Gegenständen, die ihrer Natur nach vertraulich sind, z. B. Wahlunterlagen für eine Kirchenvorstandswahl, ist der Kirchenvorstand zur vertraulichen Handhabung aller Unterlagen verpflichtet.
6. Angelegenheiten, die vom Kirchenvorstand oder einer Aufsichtsbehörde – Dekanatssynodalvorstand, Kirchenverwaltung oder Kirchenleitung – für vertraulich erklärt wurden oder für die mit Dritten Vertraulichkeit vereinbart wurde, unterliegen ebenfalls der Verschwiegenheitspflicht. Ein typischer Anwendungsfall sind Beratungen bei Konfliktfällen.
7. Um die Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht und die Wahrung des informationellen Selbstbestimmungsrechts betroffener Personen zu dokumentieren, sind alle gewählten und berufenen Kirchenvorstandsmitglieder auf die Verschwiegenheitspflicht und die Wahrung des Datenschutzes durch Unterzeichnung der entsprechenden Datenschutzerklärung zu verpflichten. Dies geschieht, indem Artikel 6 Absatz 3 KO und § 36 KGO in der konstituierenden Sitzung von der Pfarrerin oder dem Pfarrer vorgelesen wird und alle Kirchenvorstandsmitglieder die entsprechende Datenschutzerklärung unterzeichnen. Die unterzeichneten Datenschutzerklärungen sind zu den Akten der Kirchengemeinde zu nehmen.
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8. Der Verschwiegenheitspflicht unterliegen auch Personen, die der Kirchenvorstand zu seinen Beratungen hinzuzieht. Auch sie sind daher bei ihrer ersten Teilnahme auf ihre Verschwiegenheitspflicht von der oder dem Kirchenvorstandsvorsitzenden hinzuweisen. Dies sollte zum Schutz des Kirchenvorstands für jeden Einzelfall im Protokoll vermerkt werden.
9. Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht können Schadensersatzansprüche betroffener Dritter nach sich ziehen und zur Aberkennung des Amtes durch den Dekanatssynodalvorstand wegen eines groben Pflichtverstoßes gegen eine der Hauptpflichten nach § 51 Absatz 2 Nr. 1 KGO führen.
10. Der Kirchenvorstand entscheidet nach § 42 Absatz 5 KGO gemeinsam, welche nichtvertraulichen Beschlüsse der Gemeinde bekannt gemacht werden sollen.