Abschnitt 2. Der Kirchenvorstand
Unterabschnitt 4. Pflichten der Kirchenvorstandsmitglieder
§ 35. Verpflichtung zur Mitarbeit und Eigeninteressen.
(1) Die Mitglieder des Kirchenvorstands sind verpflichtet, an der kirchlichen Arbeit und insbesondere an den Sitzungen des Kirchenvorstands teilzunehmen. Ist ein Mitglied an dieser Mitarbeit fortgesetzt verhindert, soll es sein Amt zur Verfügung stellen.
(2) Kirchenvorstandsmitglieder sollen während ihrer Amtszeit nicht in einer Geschäftsbeziehung zur Kirchengemeinde stehen, die von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für Kirchengemeinde oder Kirchenvorstandsmitglied ist.
Kommentar zu § 35:
1. Die Mitglieder des Kirchenvorstands üben in der Kirchengemeinde ein herausragendes Leitungsamt aus. Sie übernehmen daher auch besondere Pflichten, um dieses Amt angemessen ausüben zu können. Hierzu zählt insbesondere die regelmäßige Teilnahme an Kirchenvorstandssitzungen, da der Kirchenvorstand hier seine wesentlichen Leitungsentscheidungen trifft.
2. Für Pfarrerinnen und Pfarrer, die einem Kirchenvorstand nach § 25 KGO angehören, ist die regelmäßige Teilnahme an den Kirchenvorstandssitzungen Teil der Dienstpflicht (siehe hierzu für pfarramtlich verbundene Kirchengemeinden auch Kommentierung Nr. 1 zu § 8).
3. Ein Ruhen der Mitgliedschaft im Kirchenvorstand kennt die KGO nicht.
4. Ein Kirchenvorstandsmitglied, das fortgesetzt verhindert ist, an der kirchlichen Arbeit und besonders an den Sitzungen des Kirchenvorstands teilzunehmen, soll sein Amt zur Verfügung stellen. Hier appelliert der Gesetzgeber bewusst an das jeweilige Kirchenvorstandsmitglied selbst.
5. Unter einer fortgesetzten Verhinderung ist vor allem eine zeitliche Abwesenheit zu verstehen. Eine fortgesetzte Verhinderung dürfte in jedem Fall ab sechs Monaten anzunehmen sein.
6. Kirchenvorstandsmitglieder sind untereinander zu einem Maß von Loyalität verpflichtet, das ein gemeinsames Arbeiten ermöglicht. Dazu gehört beispielsweise, dass ordnungsgemäß gefasste Beschlüsse gemeinsam getragen werden.
7. Ein Kirchenvorstandsmitglied, das seine Verpflichtung zur Mitarbeit nicht nachkommt, verletzt seine Pflichten. Dies kann vor allem dann zu einer Aberkennung des Amtes durch den Dekanatssynodalvorstand nach § 51 Absatz 2 Nr. 1 KGO führen, wenn durch die ständige Abwesenheit und deren Auswirkung auf die Beschlussfähigkeit des Kirchenvorstands die Handlungsfähigkeit des Kirchenvorstands insgesamt gefährdet ist.
8. Die Regelung des Absatzes 2 ist aufgrund eines praktischen Bedürfnisses neu aufgenommen worden. Sie ist eine Konkretion des Amtsversprechens der Kirchenvorstandsmitglieder nach Artikel 13 Absatz 5 und 6 KO. Immer wieder kommt es bei Vermischungen von Eigeninteressen einzelner Kirchenvorstandsmitglieder und Interessen der Kirchengemeinde zu Konflikten, insbesondere dann, wenn die Kirchengemeinde z. B. Schadensersatzansprüche gegen das betreffende Kirchenvorstandsmitglied.