Abschnitt 2. Der Kirchenvorstand
Unterabschnitt 2. Zusammensetzung und Vorsitz
§ 27. Vorsitz und Stellvertretung.
(1) Der Kirchenvorstand wählt aus seiner Mitte binnen zwei Monaten nach Beginn seiner Amtszeit die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter.
(2) Für den Vorsitz ist ein gewähltes oder ein berufenes Mitglied zu wählen.
(3) Wird ein gewähltes oder berufenes Mitglied für den Vorsitz gewählt, so ist in der gleichen Sitzung in Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrerinnen und Pfarrern eine Pfarrerin oder ein Pfarrer für den stellvertretenden Vorsitz zu wählen. Hat die Kirchengemeinde nur eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, so übernimmt diese oder dieser die Stellvertretung.
(4) Kommt eine Wahl eines gewählten oder berufenen Mitglieds für den Vorsitz nicht zustande, wird in Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrerinnen und Pfarrern eine Pfarrerin oder ein Pfarrer für den Vorsitz gewählt. Hat die Kirchengemeinde nur eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, hat diese oder dieser den Vorsitz im Kirchenvorstand zu führen. In der gleichen Sitzung ist ein gewähltes oder berufenes Mitglied für den stellvertretenden Vorsitz zu wählen.
(5) Bis zur Entscheidung über den Vorsitz führt die Pfarrerin oder der Pfarrer, in Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrstellen die oder der in der Kirchengemeinde dienstälteste Pfarrerin oder Pfarrer, den Vorsitz.
(6) Die oder der Vorsitzende und die Stellvertretung werden für zwei Jahre gewählt. Wiederwahl ist zulässig.
(7) Die oder der Vorsitzende sowie die Stellvertretung sind mit einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Kirchenvorstands vorzeitig von ihrem Amt abrufbar.
(8) Gewählte und berufene Mitglieder des Kirchenvorstands, die
- als Mitarbeitende im Umfang eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses zur Kirchengemeinde oder
- als Mitarbeitende anderer kirchlicher Einrichtungen im Umfang eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses in der Kirchengemeinde tätig sind, sind vom Vorsitz und der Stellvertretung ausgeschlossen.
Kommentar zu § 27:
1. Die Mitglieder des neugewählten Kirchenvorstands haben zwei Monate Zeit, um eine oder einen Vorsitzenden sowie eine Person in die Stellvertretung zu wählen.
2. Nur wer gewähltes oder berufenes Mitglied ist und nicht nach Absatz 8 von der Wählbarkeit ausgeschlossen ist, kann in den Vorsitz oder die Stellvertretung gewählt werden. Jugenddelegierte sind damit nicht in Vorsitz oder Stellvertretung wählbar.
3. Mit der Formulierung, dass ein Gemeindemitglied in den Vorsitz zu wählen ist, formuliert der Gesetzgeber seine Aufforderung, dass der Vorsitz in erster Linie durch Gemeindemitglieder wahrgenommen werden soll. Dadurch soll das evangelische Verständnis vom Priestertum aller Gläubigen, das zu einem presbyterial-synodalen geschwisterlichen Leitungsverständnis zwischen Ehrenamtlichen und Pfarrerinnen und Pfarrern geführt hat, auch in der Gemeindeleitung seinen Ausdruck finden.
4. Entsprechend der in Artikel 15 Absatz 2 KO geregelten Gemeindeleitung gemeinsam mit den Pfarrerinnen und Pfarrern ist eine Pfarrerin oder ein Pfarrer in die Stellvertretung zu wählen, wenn ein Ehrenamtlicher in den Vorsitz gewählt wurde. Wenn nur eine Pfarrerin oder ein Pfarrer dem Kirchenvorstand angehört, ist sie oder er automatisch stellvertretende Vorsitzende oder stellvertretender Vorsitzender, ohne dass es einer Wahl bedarf. Sind mehrere Pfarrer oder Pfarrerinnen in einer Kirchengemeinde tätig, bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn zwischen den Pfarrpersonen eine Vorabsprache erfolgt, wer sich zur Wahl stellt. In diesem Fall ist eine Wahl auch dann erforderlich, wenn sich nur eine Pfarrperson zur Wahl stellt.
5. Erst wenn sich kein Gemeindemitglied zur Übernahme des Vorsitzes bereit findet, kann und muss der Kirchenvorstand eine Pfarrerin oder einen Pfarrer für den Vorsitz wählen. Auch hier ist eine Vorabsprache zwischen mehreren Pfarrpersonen über eine Kandidatur möglich. Ist nur eine Pfarrerin oder ein Pfarrer in der Kirchengemeinde tätig, muss er automatisch den Vorsitz übernehmen, ohne dass es einer Wahl bedarf. Nimmt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer den Vorsitz wahr, ist in derselben Sitzung ein Gemeindemitglied in die Stellvertretung zu wählen.
6. Die paritätische Besetzung von Vorsitz und Stellvertretung ist im Gesetz zwingend vorgegeben. Es ist daher weder möglich, zwei Pfarrerinnen oder Pfarrer in Vorsitz und Stellvertretung noch zwei Gemeindemitglieder in Vorsitz und Stellvertretung zu wählen.
7. Das Gesetz bestimmt abschließend, dass der Kirchenvorstand jeweils eine Person in Vorsitz und Stellvertretung haben muss. Es ist daher nicht möglich, weitere Stellvertretungen zu wählen.
8. Da der Kirchenvorstand das einzige Leitungsorgan der Kirchengemeinde ist und diese als eigene Rechtsperson jederzeit handlungsfähig bleiben muss, nimmt die Pfarrerin oder der Pfarrer immer dann interimsweise den Vorsitz wahr, wenn der Kirchenvorstand noch keine Person in den Vorsitz gewählt hat. Dies ist beispielsweise regelmäßig zu Beginn der Amtszeit des neuen Kirchenvorstands der Fall oder auch wenn die Amtszeit des oder der Kirchenvorstandsvorsitzenden ausgelaufen ist und noch keine Wiederwahl erfolgt ist.
9. Absatz 6 regelt, dass der oder die Vorsitzende und die Stellvertretung nicht nur zu Beginn der Amtszeit sondern alle zwei Jahre jeweils für zwei Jahre zu wählen ist. Findet keine Wiederwahl statt, sind auch hier bei jedem Amtswechsel die Geschäfte ordnungsgemäß an die Person im Vorsitz zu übergeben. Auch hierfür ist das Muster-Übergabeformular zu verwenden.
10. Absatz 7 erweitert die bisherige Abberufungsmöglichkeit der oder des Vorsitzenden des Kirchenvorstands um die Möglichkeit der Abberufung auch der Stellvertretung. Die Möglichkeit dieser Konfliktregelung innerhalb des Kirchenvorstands besteht nunmehr für beide herausgehobenen Ämter des Kirchenvorstands. Eine Abberufung aus Vorsitz oder Stellvertretung hat zur Folge, dass das betroffene Mitglied einfaches Mitglied im Kirchenvorstand bleibt. Eine weitergehende Abberufung ist nur durch den Dekanatssynodalvorstand nach § 52 Absatz 2 KGO möglich.
11. Nach Absatz 8 sind geringfügig beschäftigte Mitarbeitende, die nach § 4 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 KGWO in den Kirchenvorstand gewählt wurden, nicht für den Vorsitz oder die Stellvertretung wählbar.