Abschnitt 2. Der Kirchenvorstand
Unterabschnitt 1. Aufgaben
§ 23. Gemeindeversammlung.
(1) Der Kirchenvorstand soll einmal jährlich die Gemeindemitglieder zu einer Gemeindeversammlung einladen, um über seine Arbeit zu berichten. Über Angelegenheiten des kirchlichen und gemeindlichen Lebens, soweit sie nicht vertraulich sind, ist Gelegenheit zur Aussprache zu geben. Es ist ausreichend über die Verwendung der finanziellen Mittel zu informieren.
(2) Insbesondere sollen die Gemeindemitglieder zu einer Gemeindeversammlung vor der Beschlussfassung des Kirchenvorstands über
1. die Teilung und Zusammenlegung von Kirchengemeinden,
2. einen Dekanatswechsel,
3. wesentliche Gestaltungen und Veränderungen der kirchlichen Arbeitsformen in der Kirchengemeinde,
4. größere Bauvorhaben in der Kirchengemeinde (z. B. Kirche, Gemeindehaus, Kindergarten) eingeladen werden.
(3) Die Einladung soll so erfolgen, dass jedes Gemeindemitglied rechtzeitig Kenntnis erhält; eine Bekanntgabe im Gottesdienst genügt nicht. Die jeweilige Thematik ist dabei ausreichend deutlich zu machen.
(4) Der Dekanatssynodalvorstand ist zu jeder Gemeindeversammlung einzuladen.
(5) Die Regelungen der Kirchengemeindewahlordnung zur Einberufung einer Gemeindeversammlung bleiben unberührt.
Kommentar zu § 23:
1. Artikel 14 KO regelt die Gemeindeversammlung als Forum der Information und Diskussion zwischen Gemeinde und Kirchenvorstand, damit die Gemeinde an der Gestaltung des Gemeindelebens auch tatsächlich teilhaben kann. Die Gemeindeversammlung sollte deshalb von jedem Kirchenvorstand zur kontinuierlichen Kommunikation mit der Gemeinde genutzt werden.
2. Die Gemeindeversammlung ist auch das Forum, in dem der Kirchenvorstand als einziges Leitungsgremium der Kirchengemeinde Rechenschaft gegenüber der Gemeinde ablegt. Die Kirchengemeindeordnung definiert daher näher, was in einer Gemeindeversammlung geschehen soll:
- der Kirchenvorstand soll über seine Arbeit berichten,
- es soll Gelegenheit zur Aussprache über die Angelegenheiten der Gemeinde gegeben werden,
- die Gemeinde soll über die Verwendung der kirchlichen Mittel informiert werden.
3. Über diese allgemeinen Regelungen hinaus enthält Absatz 2 ganz konkrete Vorgaben, bei welchen Anlässen eine Gemeindeversammlung durchzuführen ist. Hierbei handelt es sich um Entscheidungen mit besonderer Tragweite, bei denen vorab die Gemeindemitglieder informiert und in den Entscheidungsprozess des Kirchenvorstands einbezogen werden sollten.
4. Nach § 10 Absatz 3 KGWO ist eine Gemeindeversammlung auch zur Vorbereitung von Kirchenvorstandswahlen durchzuführen.
5. Vertrauliche Angelegenheiten, insbesondere Personalangelegenheiten der Mitarbeitenden oder der Pfarrerinnen und Pfarrer, dürfen im Rahmen einer Gemeindeversammlung nicht öffentlich erörtert werden.
6. Eine Gemeindeversammlung „soll“ durchgeführt werden, das bedeutet in der Rechtssprache, dass eine Gemeindeversammlung durchgeführt werden „muss“, es sei denn, ganz besondere Gründe sprechen dagegen. Hier ist der Kirchenvorstand in ganz besonderer Weise begründungspflichtig. Eine nur geringe Besucherzahl bei Gemeindeversammlungen ist dabei mit Sicherheit keine ausreichende Begründung, auf eine Gemeindeversammlung zu verzichten.
7. Die Einberufung einer Gemeindeversammlung kann nach Artikel 14 Absatz 2 KO von mindestens 30 wahlberechtigten Gemeindemitgliedern erzwungen werden. Hierbei müssen die Gründe angegeben werden. Die öffentliche Erörterung von vertraulichen Personalangelegenheiten in einer Gemeindeversammlung kann jedoch auch bei einer solchen Gemeindeversammlung nicht durchgesetzt werden.
8. Der Kirchenvorstand bestimmt Ort, Zeit und Tagesordnung aller Gemeindeversammlungen. Der Gemeinde sind bei Einladungen zu Gemeindeversammlungen auch die Themen, die besprochen werden sollen, mitzuteilen.
9. Die Gemeindeversammlung ist eine gemeindeöffentliche Veranstaltung, d. h. nur die Gemeindemitglieder sind teilnahmeberechtigt. Daneben ist der Dekanatssynodalvorstand zu jeder Gemeindeversammlung einzuladen. Über die Teilnahme interessierter Dritter, beispielsweise Vertreterinnen oder Vertreter der Presse, der Kommune oder der örtlichen Vereine, entscheidet der Kirchenvorstand aufgrund seines Hausrechts. Solange keine konkreten Anhaltspunkte bestehen, dass Personen eine Gemeindeversammlung stören wollen, sollten Gäste an Gemeindeversammlungen teilnehmen können.
10. Im Rahmen einer Gemeindeversammlung können nach Artikel 14 Absatz 3 KO Anträge gestellt und Anregungen gegeben werden. Der Kirchenvorstand muss diese beraten und entscheiden, wie er mit den Anregungen und Anträgen umgehen will. Über seine Entscheidung muss der Kirchenvorstand die Gemeinde zeitnah informieren. Dies kann eine nächste Gemeindeversammlung, aber auch jeder andere Kommunikationsweg sein, beispielsweise der Gemeindebrief oder die Homepage der Kirchengemeinde.