Abschnitt 1. Die Kirchengemeinde
Unterabschnitt 2. Die Gemeindemitglieder
§ 11. Mitgliedschaft in der Kirche.
(1) Die Kirchenmitgliedschaft bestimmt sich nach dem Kirchenmitgliedschaftsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland.
(2) Gibt ein Kirchenmitglied seinen Wohnsitz im Inland vorübergehend oder endgültig auf, bleiben aufgrund ausdrücklicher Erklärung die Rechte und Pflichten aus der Kirchenmitgliedschaft bestehen, wenn die Lage des Wohnsitzes im Ausland eine regelmäßige Teilnahme am Leben einer inländischen Kirchengemeinde zulässt und ökumenische Belange nicht entgegenstehen.
(3) Die Zugehörigkeit zur Kirche endet, wenn ein Gemeindemitglied nach den Bestimmungen des staatlichen Rechts aus der Kirche austritt. Die Zugehörigkeit endet auch, wenn ein Gemeindemitglied ohne förmlichen Austritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft übertritt.
Kommentar zu § 11:
1. Regelungen zur Kirchenmitgliedschaft enthalten die Lebensordnung, Abschnitt I Nummer 3 sowie das EKD-weit geltende Kirchenmitgliedschaftsgesetz (KMitG), auf dessen Geltung in der EKHN auch Artikel 3 Absatz 2 KO verweist. Danach gehören alle getauften evangelischen Christinnen und Christen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und keiner anderen evangelischen Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören, einer Gliedkirche im Bereich der EKD an. Das Kirchenmitgliedschaftsgesetz der EKD enthält Regelungen über die Begründung, Veränderung und Beendigung der Kirchenmitgliedschaft.
2. Die Kirchenmitgliedschaft beruht auf drei Merkmalen:
- Taufe,
- evangelisches Bekenntnis,
- Wohnsitz.
3. Der EKHN gehören grundsätzlich alle getauften evangelischen Christinnen und Christen an, die ihren Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (z. B. bei wohnsitzlosen Personen) im Kirchengebiet haben.
4. Die Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde der EKHN richtet sich grundsätzlich ebenfalls nach dem Hauptwohnsitz (§ 11 KGO, § 1 Verordnung zum Kirchengesetz über die Kirchenmitgliedschaft). Zur Umgemeindung siehe § 12 Randziffer 1 und 2.
5. Wer getauft ist, kann durch Aufnahme Mitglied der Evangelischen Kirche werden. Für Personen mit Wohnsitz im Gebiet der EKHN kann der Kircheneintritt aufgrund eines Gesprächs mit einer Pfarrerin oder einem Pfarrer bzw. einer oder einem von der Kirchenleitung hierfür Bevollmächtigten in einer Eintrittsstelle erfolgen. Dabei kann auch sogleich erklärt werden, dass die Mitgliedschaft zu einer anderen Kirchengemeinde als der Kirchengemeinde am ersten Wohnsitz durch eine entsprechende Umgemeindung begründet werden soll (§ 12 Absatz 2 KGO). Ein Eintritt ist auch in jeder anderen Eintrittsstelle im Gebiet anderer Landeskirchen möglich (§ 7a KMitG).
6. Eine Doppelmitgliedschaft in mehreren Kirchen und Kirchengemeinden, z. B. EKHN und Freikirche, kennt das Kirchenmitgliedschaftsrecht der EKD nicht. Die EKD hat nur für die Herrnhuter Brüdergemeine eine Vertragslage fortgeführt, die bereits vor der Gründung der EKD bestand. Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine können auch Mitglied einer Kirchengemeinde der EKHN werden. Zu den Landeskirchlichen Gemeinschaften, auch den Stadtmissionen, siehe Kommentierung Nr. 7 zu § 2.
7. Für zuziehende Evangelische wird die Kirchenmitgliedschaft in der EKHN durch eine entsprechende Erklärung gegenüber der kommunalen Meldebehörde bei der Anmeldung erworben (§ 9 Absatz 3 KMitG).
8. Wer evangelisch werden will, aber einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft, z. B. der Katholischen Kirche angehört, muss, wenn diese ebenfalls den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt, nach den Austrittsgesetzen der Länder zunächst aus dieser austreten, bevor ein Eintritt in die EKHN möglich ist.
9. Nur bei Religionsgemeinschaften oder Kirchen, z. B. einigen Freikirchen, die nicht den Körperschaftsstatus besitzen, genügt es, den Austritt gegenüber der Religionsgemeinschaft oder der Kirche direkt zu erklären.
10. Die Kirchenmitgliedschaft in der EKHN kann durch Erklärung des Kirchenmitglieds beendet werden. Damit verliert das Kirchenmitglied alle Rechte und ist von allen Pflichten befreit. Der Fortbestand der Taufe ist davon unabhängig. Für den Kirchenaustritt gelten im Regelfall die staatlichen Rechtsvorschriften der Kirchenaustrittsgesetze der Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz und kirchenrechtlich die Regelungen des § 10 Nummer 3 KMitG. In Hessen ist der Kirchenaustritt bei der Kommune, in Rheinland-Pfalz beim zuständigen Standesamt zu erklären. Die staatliche Wirkung des Kirchenaustritts ist, dass der Staat für dieses Kirchenmitglied keine Kirchensteuer mehr einzieht. Kirchenrechtlich verliert die oder der Ausgetretene alle Mitgliedschaftsrechte, z. B. Wahlrecht und Patenrecht. Der Kirchenvorstand kann derartige Kirchenaustritte nur zur Kenntnis nehmen, Beschlüsse können hierzu nicht gefasst werden.
11. Die Kirchenmitgliedschaft in der EKHN endet gemäß §§ 11, 11a KMitG grundsätzlich auch, wenn ein Kirchenmitglied seinen Wohnsitz im Inland nicht nur vorübergehend aufgibt. In einer mobilen Gesellschaft stößt diese strenge territoriale Anbindung der Kirchenmitgliedschaft zunehmend auf Unverständnis. § 11 Absatz 2 KGO ermöglicht daher eine Fortführung der Kirchenmitgliedschaft aufgrund ausdrücklicher, formloser, schriftlicher Erklärung. Voraussetzung ist, dass die Lage des Wohnsitzes im Ausland eine regelmäßige Teilnahme am Gemeindeleben zulässt und ökumenische Belange nicht entgegenstehen. Ökumenische Belange sind beispielsweise betroffen, wenn sich der Betreffende einer Kirchengemeinde im Ausland anschließt. Eine regelmäßige Teilnahme am Gemeindeleben wird aufgrund der weltweiten Flugverbindungen heute von fast jedem Ort der Welt möglich sein, sodass Kirchengemeinden hier einen weiten Ermessensspielraum haben. Die Erklärung wird von der Kirchengemeinde an den Evangelischen Regionalverband als zentraler Stelle übermittelt, damit dort die Person in das Gemeindemitgliederverzeichnis eingepflegt werden kann.
12. Kirchenrechtlich kann ein Kirchenmitglied die Mitgliedschaft gemäß § 10 Nummer 2 KMitG in Verbindung mit § 11 Absatz 3, Satz 2 KGO auch beenden, wenn es ohne förmlichen Austritt zu einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft übertritt. Ein Übertritt in eine andere Kirche kann beispielsweise geschehen, wenn sich ein Kirchenmitglied einer freikirchlichen Gemeinde anschließt. Ein Übertritt in eine andere Religionsgemeinschaft liegt vor, wenn es z. B. zum Islam übertritt oder sich der Scientology Church anschließt. Aufgrund der Regelung des § 10 Nummer 2 Kirchenmitgliedschaftsgesetz der EKD muss diese über das staatliche Austrittsrecht hinausgehende Möglichkeit des Verlusts der Zugehörigkeit zur Kirche im gliedkirchlichen Recht der EKHN geregelt werden.
13. Der Kirchenvorstand ist aufgrund seiner Verantwortung für das gesamte Gemeindeleben nach Artikel 13 Absatz 1 KO kirchenrechtlich für die Feststellung des Verlustes der Kirchenmitgliedschaft nach § 11 Absatz 3 Satz 2 KGO zuständig. Diese Regelung gibt dem Kirchenvorstand eine Möglichkeit in die Hand, eine formelle Mitgliedschaft von Personen „im Ernstfall“ zu beenden, die sich von der Kirchengemeinde abgewandt haben. Diese Regelung bedeutet jedoch nicht, dass Kirchenvorstände hier nachforschen und tätig werden müssen. Es bedeutet auch nicht, dass sie Grenzgänge von Kirchenmitgliedern beispielsweise in freikirchliche Gemeinden am Ort unterbinden müssten, zumal wenn diese Gemeindemitglieder Brücken zu anderen Kirchengemeinden am Ort bauen.
14. Kirchenrechtlich ist mit dem Verlust der Kirchenmitgliedschaft der Verlust der Mitgliedschaftsrechte verbunden, insbesondere das Recht auf Teilhabe am Gemeindeleben nach § 14 KGO, auf die Vornahme von Amtshandlungen, das Patenrecht sowie das aktive und passive Wahlrecht. Staatskirchenrechtlich hätte dieser Beschluss aufgrund der Kirchenaustrittsgesetze der Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz keine Auswirkungen, da hier ausschließlich der Austritt des Kirchenmitglieds vor der zuständigen staatlichen Stelle (Kommune bzw. Standesamt) maßgeblich ist, d. h. es würde weiterhin die Kirchensteuer erhoben.