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Vergabeverfahren für Landpachtgrundstücke

pixabay.com|BlickpixelDorf, umgeben von Feldern

Allgemeines zur Vertragsgestaltung bei der (Land-) Verpachtung kirchlicher Grundstücke

Für die Verwaltung von Landpachtflächen stehen den kirchlichen Eigentümern im Intranet der EKHN mehrere Vertragsvorlagen nebst Erläuterungen zur Verfügung.

Die Verwendung dieser einheitlichen Muster in der jeweils aktuellen Fassung ist zwingend (§ 10 Abs. 3 Grundstücksverordnung (GrVO)). Diese sind auch am Ende dieses Leitfadens als Muster abgedruckt. Änderungen, Ergänzungen oder Weglassungen im Einzelfall sind vorher mit der zuständigen Regionalverwaltung bzw. der Liegenschaftsabteilung der Kirchenverwaltung der EKHN abzustimmen.

§ 595 Absatz 3 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch

(3) Der Pächter kann die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht verlangen, wenn (…)
3. die Laufzeit des Vertrags bei einem Pachtverhältnis über einen Betrieb, der Zupachtung von Grundstücken, durch die ein Betrieb entsteht, oder bei einem Pachtverhältnis über Moor- und Ödland, das vom Pächter kultiviert worden ist, auf mindestens 18 Jahre, bei der Pacht anderer Grundstücke auf mindestens zwölf Jahre vereinbart ist, (…)

Aktuelle Änderungen des Muster-Landpachtvertrages betreffen im Wesentlichen folgende Aspekte:

Die neue reguläre Pachtzeit beträgt zwölf Jahre, sodass ein Verlängerungsrecht des Pächters im Fall der Vertragsbeendigung ausgeschlossen ist.

Es wird empfohlen, alle Landpachtverhältnisse einer Kirchengemeinde – soweit möglich – zeitlich parallel laufen zu lassen. Bei Anwendung des neuen Vergabeverfahrens werden so alle Interessenten und Pächter insbesondere bei der Pachtpreisfindung gleich behandelt. Der lange Turnus gewährleistet eine zeitlich zusammenhängende Bewirtschaftung der Flächen unter minimalem Verwaltungsaufwand.

Die Pachtverhältnisse sind im Rahmen der laufenden Verwaltung zu vereinheitlichen. Wegen der langen Pachtdauer ist eine einmalige Anpassung des Pachtpreises ab dem siebten Pachtjahr vorgesehen, die bei einer Änderung der Agrarerzeugerpreise ab zehn Prozentpunkten oder mehr gegenüber dem Jahr des Vertragsabschlusses wirksam wird. Orientiert wird sich am Index des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden, für Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte.

Unrichtige Angaben des Pächters im Vergabeverfahren führen zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des Verpächters. Gleiches gilt für andere unzulässige Einwirkungen auf die Entscheidungsträger und Beteiligten. Die rechtsförmliche Strukturierung der Vergabe macht eine Sanktionierung von unrichtigen Angaben und Beeinflussungen durch den Pächter erforderlich, weil der Zuschlag nunmehr grundlegend für das Vertragsverhältnis ist.

Pachtverträge über Äcker und Wiesen zur ausschließlich landwirtschaftlichen Nutzung (§ 47 Abs. 2 Nr. 6 Kirchengemeindeordnung (KGO)) sind kirchenaufsichtlich genehmigungsfrei. Für Pachtverträge über Sonderkulturen (z. B. Weinberge oder Spargel) und Gartenpachtverträge ist die kirchenaufsichtliche Genehmigung der zuständigen Regionalverwaltung erforderlich. Weitere Verträge über besondere Nutzungsarten (z. B. Pferdekoppeln, Containerstellplätze) werden durch die Kirchenverwaltung erstellt bzw. genehmigt.

Das Vergabeverfahren für Landpachtgrundstücke

Für die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden ist der Umgang mit ihrem Land und den Pächterinnen und Pächtern häufig ein Konfliktfeld. Insbesondere bei der (Neu-) Verpachtung müssen Entscheidungen getroffen und nach Außen und Innen verantwortet werden.

Die Gegebenheiten vor Ort variieren innerhalb der EKHN bezüglich Quantität und Qualität der Flächen, Pachtpreisen, Bieternachfragen und Traditionen erheblich. Auch die Vergabeverfahren haben die Kirchengemeinden vor Ort sehr unterschiedlich gehandhabt. Das Spektrum reicht vom völligen Fehlen jedweden verfahrensartigen Vorgehens über Losverfahren bis hin zu öffentlichen Bietstunden.

Der andauernde Strukturwandel in der Landwirtschaft und unsichere agrarpolitische Rahmenbedingungen belasten zahlreiche Bauernfamilien. Dies im Blick zu haben, ist für die kirchlichen Akteure gleichermaßen wichtig wie herausfordernd. Sie treten einerseits im Pachtverfahren als Geschäftspartner mit vielschichtigen eigenen Interessen gegenüber den Pächtern auf, andererseits stehen sie (insbesondere in Person der Pfarrer/innen) seelsorgerlich anteilnehmend für alle Gemeindeglieder zur Verfügung.

Daher hat die Kirchenleitung § 12 GrVO neu eingeführt und damit die Rechtsgrundlage für ein transparentes Verfahren geschaffen.

Der folgende Abschnitt will die Gemeinden darin unterstützen, die Kirchenlandverpachtung unter Beachtung dieser Kriterien durchzuführen. Dadurch können sie eine begründete Vergabeentscheidung treffen, die im Falle kritischer Nachfragen auch vertreten werden kann. So kann der Friede in der Kirchengemeinde und in der Kommune gewahrt werden.

§ 12 GrVO Verpachtung

(1) Über jedes Pachtverhältnis ist ein schriftlicher Vertrag abzuschließen.

(2) Ein Pachtgrundstück zur landwirtschaftlichen Nutzung ist vor der Vergabe öffentlich auszuschreiben. Es kann auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet werden, wenn

1. die Art und Weise der Bewirtschaftung des zu vergebenden Grundstücks dies nicht zulässt oder

2. das zu vergebende Grundstück in der Fläche weniger als 0,5 Hektar oder weniger als 50 Bodenpunkte aufweist.

Wird auf eine öffentliche Ausschreibung keine Bewerbung abgeben, kann das Pachtgrundstück nach freiem Ermessen vergeben werden.

(3) Seitherige Pächter sind von der öffentlichen Ausschreibung in Bezug auf die von ihnen angepachteten Grundstücke zu benachrichtigen.

(4) Bei der Vergabeentscheidung sind zumindest folgende Kriterien zu berücksichtigen:
– ordnungsgemäße Bewirtschaftung
– regionale Herkunft des Bewerbers
– Kirchenzugehörigkeit
– Pachtpreis
– soziale Aspekte

(5) Gebote können im Verfahren ausgeschlossen werden, insbesondere wenn die ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht gewährleistet ist. Gebote, die die örtlich übliche Pacht deutlich unterschreiten (Mindestpacht), können ausgeschlossen werden.

(6) Die Pachtdauer beträgt in der Regel zwölf Jahre.

Anwendungsbereich

Art und Weise der Bewirtschaftung

Die Art und Weise der Bewirtschaftungsform kann eine öffentliche Ausschreibung und damit eine Vergabe an einen anderen als den bisherigen Pächter als nicht zulässig erscheinen lassen.

Gedacht ist dabei z. B. an eine Konstellation bei Weinbergen, die vom bisherigen Pächter bestockt wurden und die Zeit zur Rodung zum Zeitpunkt des Pächterwechsels noch nicht gekommen ist. Hier können der Bestand von Pflanzrechten und mögliche Entschädigungszahlungen einen Pächterwechsel für den kirchlichen Rechtsträger unangemessen sein lassen.

Größe von über 0,5 ha

Das öffentliche Vergabeverfahren findet Anwendung bei Verpachtung einer landwirtschaftlichen Fläche ab einer Größe von 0,5 ha in Bezug auf die einzeln zu vergebende Fläche. Gleichwohl besteht die Möglichkeit, mehrere kleine Flächen in einer Vergabe zu verbinden.

Bodenqualität

Des Weiteren kann von einer Ausschreibung abgesehen werden, wenn die Bodenqualität der einzelnen Fläche ausweislich von einem Wert unter 50 Bodenpunkten eine ertragsbringende Bewirtschaftung nicht zulässt. Die Angaben zur Bodenqualität können in Hessen bei den „Ämtern für Bodenmanagement“ schriftlich, per Fax oder E-Mail unter Berufung auf die Gebührenbefreiung kostenlos in Form von Auszügen aus den Liegenschaftskatastern angefordert werden. In Rheinland- Pfalz richtet man sich an das „Vermessungs- und Katasteramt“, das eine Gebühr in Höhe von 3,20 € pro Auszug, mindestens aber 15,00 € je Anforderung, erhebt.

Für die Bearbeitung der Anfrage benötigen die Ämter Listen aller Grundstücke einer Kirchengemeinde, aktuelle Grundbuchauszüge oder eine Liste aller Grundbuchblattnummern.

Die Vergabe ist als eine „öffentliche Ausschreibung“ durchzuführen. Anlass kann die Beendigung des bisherigen Pachtverhältnisses durch Zeitablauf oder vorzeitige Kündigung sein.

Tipp
Soweit möglich sollte das Vergabeverfahren bereits im Herbst des Jahres vor dem Ende des Pachtverhältnisses eingeleitet werden, damit eine nahtlose Bewirtschaftung der Flächen möglich ist. Das Vergabeverfahren sollte im Frühjahr vor Ablauf des alten Pachtvertrages abgeschlossen sein.

Zur Durchführung des Vergabeverfahrens ist in den Kirchengemeinden der Kirchenvorstand zuständig. Über die Vergabeentscheidung beschließt der Kirchenvorstand. Im gesamten Verfahren sind die Regeln aus § 37 KGO zu Interessenwiderstreit und Befangenheit einzuhalten.

Tipp
Der Kirchenvorstand kann beschließen, dass eine Kommission aus Mitgliedern der Kirchengemeinde das Verfahren durchführt. Die Mitglieder müssen dazu geeignet und befähigt sein. Den Vorsitz hat ein Mitglied des Kirchenvorstands.

Alle Unterlagen des Vergabeverfahrens sind auf Grundlage der Schriftgutordnung und des zugehörigen Kassationsplans in der jeweils aktuellen Fassung aufzubewahren. Wir empfehlen die Aufbewahrung über die Laufzeit des Pachtverhältnisses, mindestens für drei Jahre nach Bekanntgabe der Vergabeentscheidung, zu erstrecken. Unterlagen mit betrieblichen und persönlichen Angaben der Bewerber können früher vernichtet werden, wenn kein Interesse für deren Aufbewahrung mehr besteht.

Die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren erlangten Informationen und Daten unterliegen der dienstlichen Verschwiegenheit, dem Persönlichkeits- und dem Datenschutz. Sie dürfen nicht an andere Bewerber, Pachtinteressenten und Außenstehende weitergegeben werden.

Auch intern ist durch den Vorsitz des Kirchenvorstands auf die Einhaltung des korrekten Aktenumgangs zu achten und dieser zu wahren. Akten dienen nach § 8 Schriftgutordnung grundsätzlich nur dem Dienstgebrauch. Ein grundsätzliches Recht auf unbegrenzte Akteneinsicht für alle amtierenden Kirchenvorstandsmitglieder besteht daher nicht. Erst recht nicht für Außenstehende.

Es liegt in der Verantwortung der bzw. des Kirchenvorstandsvorsitzenden darüber zu entscheiden, ob Kirchenvorstandsmitgliedern für dienstliche Zwecke Akteneinsicht gewährt werden kann. Dies wird z. B. für Mitglieder einer Vergabekommission der Fall sein.

Wird im Einzelfall Akteneinsicht gewährt, sollten Fotokopien nicht gefertigt werden können und die Akteneinsicht nur im Gremium erfolgen, damit die Vollständigkeit der Akten dauerhaft sichergestellt ist.

Im Übrigen gilt es im Sinne der Datensparsamkeit nur die für das Verfahren erforderlichen Angaben zu erheben. Für die einzelnen Verfahrensschritte sind die Fristen ausreichend lang zu bestimmen, bekannt zu geben und zu wahren.

Bekanntmachung der Ausschreibung

Die Bekanntmachung der Ausschreibung sollte ortsüblich oder mindestens im Gesamtbereich der politischen Gemeinde, zu der die Kirchengemeinde gehört, erfolgen. Es wird eine Veröffentlichung der Neuverpachtung in der Lokalpresse, per Aushang im Schaukasten, im Gemeindebrief, als Abkündigung o.ä. empfohlen. Die gesamtkirchlichen Muster zur Ausschreibung werden zur Verwendung empfohlen. Ein Versäumen der Bewerbungsfrist führt zur Nichtberücksichtigung der Bewerbung.

Tipp
Bitte beachten Sie, dass insbesondere Anzeigen in kostenlosen Verteilblättern oder Zeitungen mit überregionalen Redaktionen zu einer ungewollt weiten Verbreitung führen können. Achten Sie daher darauf, dass die Veröffentlichungen zielgerichtet ortsbezogen erfolgen.

Zum weiteren Verlauf gehört die öffentliche Auslage der relevanten Pachtunterlagen (Flurkarte, Ausschreibungsunterlagen, Pachtvertrag u.a.) über einen festgelegten Zeitraum im Pfarrbüro zur Einsichtnahme für Pachtinteressenten. Das Bewerbungsformular sollte Pachtinteressenten auf Anfrage auch kostenfrei zugesandt werden. Einsichtnahme und Zusendung werden Personen ohne Pachtinteresse, insbesondere ohne eingerichteten landwirtschaftlichen Betrieb, nicht gewährt.

Die seitherigen Pächter werden in Bezug auf ihre seitherigen Pachtgrundstücke von der Ausschreibung gesondert benachrichtigt. Etwa ein Jahr vor Ende des Landpachtvertrages sollen die seitherigen Pächter auch über dessen Ablauf informiert werden.

Tipp
Wir empfehlen zwar die Vergabekriterien, aber nicht (bei Anwendung einer solchen) die Punkteverteilung bekannt zu geben.

Vergabekriterien

Die in der Grundstücksverordnung genannten Kriterien sind als Mindestkriterien bei der Entscheidungsfindung zur Vergabe zu berücksichtigen. Des Weiteren können die Kirchenvorstände eigene passende Bewertungsmaßstäbe ergänzen, die für die Kirchengemeinde besonders wichtig sind oder die Mindestkriterien in eigenen Kriterien aufgehen lassen. Abhängig von den örtlichen Besonderheiten können auch besondere Gegebenheiten einfließen und sollen in der Ausschreibung mit den anderen Kriterien vorher bekannt gegeben werden.

Zu beachten ist dabei generell, dass die Vergabeentscheidung begründet und nachweisbar sein muss. Es ist den Kirchenvorständen freigestellt, ob sie bei der Vergabe ein Punktesystem verwenden oder die Bewerbungen auf andere geeignete Art und Weise auswerten.

Bei der Entscheidungsfindung soll ein einzelnes Kriterium allein keine ausschlaggebende Rolle spielen. Bei der Bewertung der Angaben der Bieter sind große Sorgfalt, eine Kultur der Achtsamkeit und des rechten Maßes anzuwenden. Die einzelnen Kriterien dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, ihre wechselseitige Bedingtheit ist angemessen zu würdigen.

Ordnungsgemäße Bewirtschaftung

Keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung

Bei kircheneigenen Flächen, die Dritten verpachtet werden, müssen die Pächter die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen einhalten. Im Rahmen dieses Kriteriums ist auch die Gewährleistung einer Vertragstreue einzuschätzen. Ist ein Pachtinteressent bekannt für säumige Pachtzahlungen oder Rechtsstreitigkeiten ohne verständigen Grund, erfüllt er die Erwartungen nicht.

Bewerbungen, bei denen keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung zu erwarten oder bereits bekannt ist, sind auszusondern. Die betroffenen Bewerber können nicht Pächter werden!

Ordnungsgemäße Bewirtschaftung

Zu einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung gehört die Gewährleistung einer „guten fachlichen Praxis“, die die Einhaltung grundlegender Standards des nachhaltigen Boden-, Tier- und Umweltschutzes in der Landwirtschaft umfasst.

Für die Pachtgrundstücke ist bereits in der Bewerbung die Einhaltung der „guten fachlichen Praxis“ zuzusichern. Es hat eine Vermeidung von Bodenerosion durch ackerbauliche Maßnahmen, durch die Anpflanzung von Windschutzstreifen oder die Pflege von Hecken zu erfolgen. Strukturelemente (z. B. Hecken, Einzelbäume) auf dem Pachtgegenstand sind durch den Pächter zu erhalten.

Bewirtschaftung über das vertragliche bzw. gesetzliche Maß

Bewerbungen von Landwirten, die über die gesetzlichen und die im Muster-Landpachtvertrag der EKHN genannten Mindestanforderungen an die Flächenbewirtschaftung wesentlich hinausgehen, sollen bei der Bewertung besonderes Gewicht erhalten. Kriterium dafür kann z. B. ein gesetzlich anerkanntes Zertifikat für ökologische Wirtschaftsweise oder die Mitgliedschaft in einem anerkannten Verband des Ökologischen Landbaus sein. Andere Kriterien wären z. B. Aktivitäten im Bereich Vertragsnaturschutz, Agrarumweltmaßnahmen oder speziellen Programmen zum Grundwasserschutz.

Regionale Herkunft des Bewerbers

Um die lokale Verbindung des Pächters zur Kirchengemeinde herzustellen, ist es wünschenswert, dass der Wohn-/Betriebssitz des Pächters in einem regionalen Bezug zu den Pachtflächen steht. Bewertet wird die Lage des Hauptwohnsitzes bei natürlichen Personen, bzw. des Hauptbetriebssitzes bei juristischen Personen in Bezug zum Gebiet der verpachtenden Kirchengemeinde, auch wenn sich die Pachtflächen ganz oder teilweise in anderen Gemarkungen befinden.

Pachtpreis

Aus dem kirchlichen Vermögen sollen angemessene Erträge erzielt werden. Der angebotene Pachtpreis ist dennoch nur einer von mehreren wichtigen Entscheidungsfaktoren. Um dieses Kriterium fassbar zu machen, kann z. B. die prozentuale Überschreitung von einer Mindestpacht bewertet werden.

Die Mindestpachtforderung wird im Bewerbungsformular genannt. Sie ist vom Kirchenvorstand vor Beginn der Ausschreibung in einem angemessenen Verhältnis zur örtlich üblichen Pacht festzusetzen. Die Festsetzung kann z. B. dadurch erfolgen, dass von der ortsüblichen Pacht (sofern ermittelbar) ein Abschlag von 10 – 20 % vorgenommen wird. Ausgehend von der Erfahrung, dass kirchliche Pachten zumeist unter Marktniveau liegen, gilt anderenfalls die bisherige Pacht als Mindestpacht.

Tipp
Bitte beachten Sie auch das Kapitel 4 „Pachtpreise –welcher Betrag ist angemessen?“ zur Pachtpreisermittlung in diesem Leitfaden.

Bewerbungen, bei denen die Mindestpachtforderung nicht erreicht wird, sind in der Regel auszusondern. Die betroffenen Bewerber können nicht Pächter werden, wenn es andere Mitbewerber gibt, die die Mindestpacht anbieten!

Kirchenzugehörigkeit

Im Rahmen des Vergabeverfahrens kann nur die Kirchenzugehörigkeit des Betriebsinhabers im formellen Sinn bewertet werden. Bei Unklarheiten über die Zugehörigkeit einer Kirche zur Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ist das Zentrum für Ökumene der EKHN zu Rate zu ziehen.

Soziale Aspekte

Soziale Aspekte können im Rahmen der Vergabeentscheidung in verschiedener Weise eine Rolle spielen. Die Bewertung sollte in besonderer Weise mit Augenmaß vorgenommen werden.

Denkbar sind z. B.:

Soziale Härte

Beim bisherigen Pächter kann es insbesondere bei größeren Ausschreibungsflächen passieren, dass er bei Nichtauswahl einen im Verhältnis zu seiner Gesamtbetriebsfläche erheblichen Flächenverlust erleiden würde. Kirchlichen Rechtsträgern steht es nicht zu, Umstände von sozialer Härte und wirtschaftlicher Existenzgefährdung zu erzeugen. Gleichwohl sollen Bewerber darum gebeten werden, dass die soziale Härte bzw. Existenzgefährdung durch geeignete Unterlagen erläutert bzw. nachgewiesen wird.

Wenn erkennbar wird, dass ein solcher Flächenverlust existentiell für den Betrieb werden könnte und wenn er nicht anderweitig kompensiert werden kann, könnte eine Lösung sein, dass das Verfahren vorzeitig beendet wird und ein neues Verfahren über mehrere Teilflächen beginnt.

Weitere betriebswirtschaftliche Gründe, die nicht die genannten Umstände von sozialer Härte und wirtschaftlicher Existenzgefährdung betreffen, zählen nicht zu dem Vergabekriterium soziale Aspekte.

Soziales Engagement

Im Rahmen dieses Kriteriums wird auch die Möglichkeit gegeben, besonderen sozialen Einsatz eines Bewerbers bei der Führung seines Betriebes zu berücksichtigen. Dazu gehören z. B. die Bereitstellung einer überdurchschnittlichen Anzahl an Ausbildungsplätzen, eine Mitgliedschaftsbestätigung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Soziale Landwirtschaft (DASoL) oder die Beschäftigung von z. B. Menschen mit Behinderungen oder sozial schwachen Personen (einschließlich Angeboten für pädagogische Initiativen). Persönliche Mitgliedschaft in gemeinnützigen, kirchlichen oder karitativen Einrichtungen hingegen oder Zuwendung von Sach- oder Geldleistungen dürfen an dieser Stelle nicht in das Vergabeverfahren einfließen.

Weitere soziale Aspekte

Ebenfalls können Aktivitäten des Betriebes in den Bereichen Forschung und Pädagogik positiv gewürdigt werden.

Vorschlag für ein Bewertungsschema Punktesystem

Ein Punktesystem kann als Hilfsinstrument dienen, um die Vergabeentscheidung zu vereinfachen und auch für den jeweiligen Kirchenvorstand begründet nachvollziehbar zu machen.

Falls die kirchlichen Rechtsträger zur Bewertung der Bewerbungen ein Punktesystem verwenden möchten, kann beispielsweise die folgende Punkteverteilung auf die vorgenannten Kriterien angewendet werden. Die Informationen für die Punktevergabe müssen aufgrund der Angaben in den Bewerbungen oder aufgrund örtlich vorhandener Kenntnisse im Kirchenvorstand vorliegen. Abgewandelte Punktesysteme in Punkteverteilung und Gewichtung sind möglich.

Ordnungsgemäße Bewirtschaftung

Ordnungsgemäße Bewirtschaftung
BewertungPunkte
keine ordnungsgemäße BewirtschaftungAusschluss
ordnungsgemäße Bewirtschaftung        2
Bewirtschaftung über das vertragliche bzw. gesetzliche Maß        4

Regionale Herkunft des Bewerbers

Regionale Herkunft des Bewerbers
Bewertung Hauptwohn-/ HauptbetriebssitzPunkte
außerhalb der Kirchengemeinde     0
in einer direkt angrenzenden Kirchengemeinde     1
innerhalb der Kirchengemeinde     2

Kirchenzugehörigkeit

Kirchenzugehörigkeit
BewertungPunkte
kein Kirchenmitglied oder juristische Person     0
Mitglied einer ACK-Gemeinde     2
Evangelisches Kirchenmitglied     4

Ist der Bewerber eine juristische Person, ist eine Bewertung nicht möglich und infolgedessen werden keine Punkte vergeben.

Pachtpreis

Pachtpreis
BewertungPunkte
unter MindestpachtAusschluss
bis 10 % über Mindestpacht       1
10,1 % – 20 % über Mindestpacht       2
20,1 % – 30 % über Mindestpacht       3
mehr als 30 %       4

Soziale Aspekte

Soziale Aspekte
BewertungPunkte
besondere soziale Aspektebis max. 2

Nur wenn keine besonderen sozialen Aspekte erkennbar sind, sollte eine Bewertung mit null Punkten erfolgen.

Vergabeentscheidung

Bis zur Beratung über die Vergabeentscheidung sind die Gebote in einem verschlossenen Umschlag aufzubewahren und erst in der – in der Regel nicht öffentlichen – Beratung zu öffnen. Die Beratung kann auch in einem kleinen Ausschuss geschehen, dessen Mitglieder keine Pachtbewerber sein dürfen. Die Entscheidung trifft aber der Kirchenvorstand als solcher, ggf. auf Vorlage eines Ausschusses.

a) Anhand der zu Beginn des Verfahrens durch den Kirchenvorstand oder in dessen Auftrag durch den Ausschuss festgelegten Kriterien sind die Bewerbungen zu bewerten und zu gewichten.

b) Bei Anwendung eines oder des vorgenannten Punktesystems sind für jeden Bewerber die erreichten Gesamtpunkte zu ermitteln, der Bewerber mit der höchsten Punktzahl festzustellen und die Vergabeentscheidung zu fällen. Dazu werden die Ergebnisse in einer vergleichenden Übersicht zusammengestellt, aus der sich die Vergabe der Punkte im Einzelnen und der erreichte Gesamtpunktestand für jeden Bewerber ergeben.

c) Haben mehrere Bewerber die gleiche Punktzahl, ist anhand einer Abwägung durch Beschluss des Kirchenvorstandes eine angemessene Auswahl zu treffen.

d) In der Tabelle (s.u.) werden weitere denkbare Gewichtungen aufgezählt, deren Wertigkeit nicht durch die Reihenfolge der Benennung gekennzeichnet ist. Prioritäten können vielmehr in jeder Kirchengemeinde konkret festgelegt und dokumentiert werden.

 

Beispiele denkbarer Gewichtungen
Beispiele
bisheriger Pächterneuer Pächter
Anlieger-ArrondierungNicht-Anlieger/-Arrondierung
evangelisches Kirchenmitgliednicht evangelisches Kirchenmitglied
näherer Pächterfernerer Pächter
höherer Pachtpreisniedrigerer Pachtpreis
HaupterwerbslandwirtNebenerwerbslandwirt
EinzellandwirtLohnunternehmen
ökologischer Anbaukonventioneller Anbau

e) Ferner kann der Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit in die Gewichtung einbezogen werden, um die sozialen Auswirkungen der Vergabe auf das Kollektiv zu beachten. Folgendes kann dabei entscheidungsleitend sein:

  Um auch Bewerbern eine Chance zu geben, die bei früheren Vergaben nicht oder nur gering zum Zuge gekommen sind, kann im Sinne einer Gleichverteilung Bewerbern aus diesen Gründen der Vorzug gegeben werden.

  Des Weiteren kann beachtet werden, wie viel Fläche oder Flurstücke ein Bewerber im konkreten Verfahren bekommt, wenn die Zuteilung nicht beschränkt wird. Damit kann den Bewerbern ein Anreiz gegeben werden, eigene Prioritäten bei der Bewerbung zu setzen. Um dieses Vorgehen von Beginn an transparent zu machen, sollte schon in der Ausschreibung angegeben werden, dass in der Vergabe z. B. nur max. 50 % der Flächen an einen Bewerber vergeben werden und ggf. dass die Zuteilung in der Reihenfolge der Grundstücksflächen von größer nach kleiner oder anders herum erfolgt.

⊗  Am Rande könnte bedeutsam sein, ob der Bewerber in anderen benachbarten (evangelischen) Kirchengemeinden Land gepachtet hat.

f) Gab es nur einen Bewerber, ist er bei Vorliegen aller Voraussetzungen als Pächter anzunehmen. Erfüllt der einzige Bewerber die Ausschreibungsbedingungen nicht, kann kein Zuschlag erteilt werden. In diesen und anderen begründeten Fällen kann auch ein zweites Ausschreibungsverfahren, ggf. mit angepassten Bedingungen und weiteren Hinweisen, durchgeführt werden.

Abschluss der Vergabe

Die Vergabeentscheidung ist dem zuschlagsbegünstigten Bewerber schriftlich bekannt zu geben und dieser in einer angemessenen Frist zur Annahme aufzufordern. Im Fall der Ablehnung soll die Annahme dem im Zuschlag Nächstplatzierten angeboten werden. Kommt es zur Annahme der Vergabe, sind der Abschluss des Verfahrens und die Nichtberücksichtigung den unterlegenen Bewerbern schriftlich bekannt zu geben. Nimmt der zuschlagsbegünstigte Bewerber an, ist ein neuer Pachtvertrag unter Verwendung des jeweils aktuellen Vertragsmusters abzuschließen. Dies gilt auch, wenn kein Pächterwechsel eingetreten ist.

Tipp

Abgelehnte Bewerber erleben die Ablehnung oft als Zurückweisung. Es kann daher ratsam sein, sie zu besuchen und die Entscheidung mündlich zu erläutern. Der Besuch wird zumeist als Wertschätzung erlebt.

Vergabe nach freiem Ermessen

Lediglich im Fall, dass niemand ein Angebot abgibt oder niemand bereit ist, den geforderten Mindestpachtpreis zu zahlen, kann die Vergabe im freien Ermessen erfolgen.

Bei Rechtsfragen rund um das Vergabeverfahren steht Ihnen die Kirchenverwaltung der EKHN zur Auskunft und Beratung gern bereit.

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