DSO - Abschnitt 5. Mitverantwortung der Gesamtkirche
§ 57. Einspruch.
(1) Gegen die Beschlüsse des Dekanats steht den Betroffenen der Einspruch an die Kirchenleitung zu, sofern nicht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet ist.
(2) Der Einspruch kann nur darauf gestützt werden, dass der angefochtene Beschluss das geltende Recht verletzt.
(3) Der Einspruch ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Dekanatssynodalvorstand zu erheben und hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn der Dekanatssynodalvorstand im besonderen kirchlichen Interesse die sofortige Vollziehung anordnet.
(4) Hilft der Dekanatssynodalvorstand dem Einspruch nicht ab, legt er die Angelegenheit der Kirchenleitung zur Entscheidung vor.
(5) Vor einer Entscheidung der Kirchenleitung sind der Dekanatssynodalvorstand und die Betroffenen anzuhören. Entscheidungen sind schriftlich zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen.
Kommentar zu § 57:
1. Wer von einem Beschluss eines Dekanatssynodalvorstands oder einer Dekanatssynode betroffen ist, kann gegen diesen Beschluss des Dekanats grundsätzlich Einspruch erheben. Betroffen sind alle, die durch die Entscheidung direkt in ihren Rechten beeinträchtigt sind. Der Einspruch ist also trotz der weiten Formulierung keine generelle Überprüfungsmöglichkeit von Beschlüssen des Dekanats für jedermann (Ausschluss der Popularklage).
2. Absatz 1 sieht vor, dass die Möglichkeit kirchenrechtlicher Rechtsbehelfe nur dann eröffnet ist, wenn nicht der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten gegeben ist, wie beispielsweise in Arbeitsrechtssachen. Hierdurch soll der doppelte Rechtsweg ausgeschlossen werden, wie es für das „kirchliche“ Verfassungs- und Verwaltungsgericht in § 5 KVVG bereits geregelt ist. Wenn der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten eröffnet ist, soll bereits der Einspruch gegen Beschlüsse des Dekanatssynodalvorstands nicht möglich sein, sondern von Anfang an der staatliche Rechtsweg beschritten werden.
3. Mit einem Einspruch kann nur die Verletzung kirchlichen Rechts angegriffen werden. Für andere Probleme oder theologische Fragestellungen steht der Einspruch nicht zur Verfügung.
4. Der Einspruch ist innerhalb eines Monats möglich. Die Frist beginnt (erst) mit der Bekanntgabe des Beschlusses an die betroffene Person. Beschlüsse des Dekanats sollten daher möglichst schnell den Betroffenen mitgeteilt werden. Ist ein Einspruch zu befürchten, sollte der Zugang durch Postzustellungsurkunde oder Zeugen bewiesen werden können. Ansonsten gilt ein Beschluss drei Tage nach Absendung als zugegangen, § 28 Absatz 2 Verwaltungsverfahrens- und –zustellungsgesetz der EKD (VVZG-EKD). Nach § 30 VVZG-EKD ist eine Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich, bei welchem Dekanat und in welcher Frist der Einspruch einzulegen ist. Ablehnende Beschlüsse sind zu begründen, § 26 Absatz 1 VVZG-EKD.
5. Einsprüche haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung des Einspruchs entfällt, wenn der Dekanatssynodalvorstand den Sofortvollzug im besonderen kirchlichen Interesse beschließt. Die Betroffenen wiederum können gegen die Anordnung des Sofortvollzugs beim Kirchengericht nach § 20 Absatz 2 Satz 2 KVVG den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung stellen. Damit wird für den Bereich der EKHN ein mit Artikel 19 Absatz 4, § 80 VwGO vergleichbares Niveau kirchlichen vorläufigen Rechtsschutzes erreicht.
6. Absatz 3 legt fest, dass der Einspruch direkt beim Dekanatssynodalvorstand einzulegen ist, der dem Einspruch sowohl gegen Beschlüsse der Dekanatssynode als auch des Dekanatssynodalvorstands abhelfen kann.
7. Absatz 4 regelt den Fall, dass der Dekanatssynodalvorstand dem Einspruch nicht abhilft. Nur in diesem Fall legt der Dekanatssynodalvorstand der Kirchenleitung die Angelegenheit zur Entscheidung vor. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Dekanatssynodalvorstände im Regelfall aus juristischen Laien bestehen und daher nach Möglichkeit nicht mit der Abwicklung eines komplexen verwaltungsrechtlichen Entscheidungsverfahrens belastet werden sollen.
8. Absatz 5 regelt, dass die Kirchenleitung, die gemäß Absatz 1 eine umfassende Sachentscheidung zu treffen hat, sowohl den Dekanatssynodalvorstand als auch den Betroffenen anzuhören hat. Zudem ist das Erfordernis einer schriftlichen Begründung sowie einer Rechtsmittelbelehrung verpflichtend beibehalten worden.