DSO - Abschnitt 2. Die Dekanatssynode
Unterabschnitt 3. Die Pflichten der Synodalen
§ 20. Interessenwiderstreit und Befangenheit.
(1) Kein Mitglied der Dekanatssynode darf an Beratungen und Abstimmungen teilnehmen, die es selbst oder seinen Ehegatten, seine Partnerin und seinen Partner in eingetragener Lebenspartnerschaft, Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, Geschwister, Stiefgeschwister, Kinder, Enkel, Stiefkinder oder Schwiegerkinder persönlich betreffen oder ihnen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können (Interessenwiderstreit). Auf Verlangen ist das Mitglied vor der Beschlussfassung zu hören. Die Beachtung dieser Bestimmung ist im Protokoll festzuhalten.
(2) Kann ein Mitglied der Dekanatssynode nicht frei ohne unkirchliche Bindungen zum Wohl des Dekanats entscheiden (Befangenheit), soll es an Beratungen und Beschlussfassungen nicht teilnehmen.
Kommentar zu § 20:
1. Die Regelungen zum Interessenwiderstreit und zur Befangenheit sollen die Uneigennützigkeit und Unparteilichkeit der Organe des Dekanats und zugleich dessen Ansehen in der Öffentlichkeit sichern. Die Regelung gilt nur für Abstimmungen, nicht für Wahlen. Zweck der Vorschriften ist es, schon den „bösen Schein“, d. h. den Anschein von Korruption, Filz und Vetternwirtschaft, zu vermeiden. Gleichzeitig soll den Mitgliedern in Dekanatssynode und Dekanatssynodalvorstand eine Konfliktsituation erspart werden. Sie sollen in ihrer Tätigkeit ausschließlich in der Bindung an Gottes Wort und die Ordnungen der EKHN zum Wohl des Dekanats handeln und alle Individualinteressen hintanstellen.
2. Auch zukünftig sind Mitglieder der Dekanatssynode bei Angelegenheiten, die sie persönlich oder nahe Angehörige betreffen oder ihnen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können, von der Mitentscheidung wegen Interessenwiderstreits ausgeschlossen.
3. Ein Interessenwiderstreit liegt dann vor, wenn ein Mitglied der Dekanatssynode aufgrund der Beziehung zum Gegenstand einer Entscheidung ein materielles oder ideelles Sonderinteresse hat, das die Besorgnis rechtfertigt, die genannte Person würde nicht mehr uneigennützig oder zum Wohl des Dekanats handeln. Typische Beispiele für eine Interessenkollision sind:
a) Ein Mitglied der Dekanatssynode oder seine genannten nahen Angehörigen sind Käufer, Verkäufer, Mieter oder Vermieter, Pächter oder Verpächter eines Grundstücks des Dekanats,
b) Einstellung, Entlassung, Höhergruppierung von Mitarbeitenden, die in einem entsprechen den Verwandtschaftsverhältnis zum Mitglied im Dekanatssynodalvorstand stehen.
4. Keine Interessenkollision liegt vor, wenn es sich um Belange einer Berufsgruppe, einer Einrichtung des Dekanats oder einer Kirchengemeinde handelt. Sind die Belange einer Berufsgruppe betroffen, sind keine höchstpersönlichen Interessen einzelner Mitglieder der Dekanatssynode, sondern die Interessen einer ganzen Gruppe betroffen. Hier sollen ebenfalls betroffene Mitglieder in der Dekanatssynode und im Dekanatssynodalvorstand mitentscheiden können. Dies betrifft beispielsweise Entscheidungen, die Angebote von Einrichtungen des Dekanats betreffen oder die Förderung einzelner Arbeitsbereiche des Dekanats, wie Kirchenmusik oder die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Hier können Mitglieder, die gleichzeitig in diesen Bereichen besonders engagiert sind, an einer Entscheidung von Dekanatssynode oder Dekanatssynodalvorstand mitwirken. Gleiches gilt auch bei der Abstimmung über den Dekanatssollstellenplan, auch wenn die eigene Kirchengemeinde oder die eigene Pfarrstelle z. B. von Stellenkürzungen betroffen ist.
5. Keine Interessenkollision im Sinne der Regelung liegt bei Wahlen vor, d. h. wer zur Wahl steht, darf mitwählen und sich auch selbst wählen.
6. Absatz 1 Satz 2 sieht ein Anhörungsrecht des von einer Interessenkollision betroffenen Mitglieds vor. Von der Beratung, d. h. der mündlichen Erörterung zum Zweck der Willensbildung und Entscheidung, ist das betroffene Mitglied ausgeschlossen. Der oder die Betroffene muss den Sitzungsraum verlassen, da unter bestimmten Umständen schon die schweigende Anwesenheit die Willensbildung bei der Beratung beeinflussen kann. In Zweifelsfällen ist ein Beschluss über den Ausschluss herbeizuführen.
7. Der Ausschluss wegen Interessenkollision ist im Protokoll zu vermerken. Die Mitwirkung eines Mitglieds, das einer Interessenkollision unterliegt, bei der Beratung oder Beschlussfassung macht den Beschluss rechtswidrig.
8. Die Regelung zur Interessenkollision gilt nicht für die Partnerinnen und Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften, da es hier kaum möglich ist, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft gerichtsfest festzustellen. Die Interessenlage ist allerdings vergleichbar. Hier muss sich das Mitglied selbst prüfen, ob es an Abstimmungen teilnimmt, die seine Partnerin oder seinen Partner, mit dem es in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenlebt oder deren bzw. dessen nahe Angehörige betreffen. Eine Möglichkeit für den Dekanatssynodalvorstand, dieses Mitglied von Abstimmungen auszuschließen, besteht nicht.
9. In § 20 Absatz 2 ist eine neue Regelung zur Befangenheit eingeführt worden, wonach Mitglieder, die nicht frei ohne unkirchliche Bindungen zum Wohl des Dekanats entscheiden können, sich nicht an Beratungen und Beschlussfassungen von Dekanatssynode oder Dekanatssynodalvorstand beteiligen sollen. Diese Regelung greift über die Regelung zur Interessenkollision hinaus, hat allerdings nur Appellcharakter für das betreffende Mitglied und berechtigt in der derzeitigen Formulierung den Dekanatssynodalvorstand nicht, das entsprechende Mitglied von einer Abstimmung in der Dekanatssynode oder dem Dekanatssynodalvorstand auszuschließen.
10. Nehmen Mitglieder wegen Interessenkollision oder weil sie sich für befangen erklärt haben, nicht an Abstimmungen teil, reduziert sich die Zahl der Anwesenden bei der betreffenden Abstimmung entsprechend. Wird die Dekanatssynode infolge dieser Regelung beschlussunfähig, ist nach § 26 Absatz 5 DSO eine zweite Sitzung einzuberufen. Wird der Dekanatssynodalvorstand aufgrund dieser Regelung beschlussunfähig, entscheidet nach § 54 Absatz 1 DSO an seiner Stelle die Kirchenleitung.